Vom Tellerwäscher zum Sargträger: „Horrorjobs“ im Test

Berlin (dpa) - Wovor ekeln sich Putzfrauen? Was erlebt ein Sexshop-Mitarbeiter bei der Arbeit? Und was sind Sargträger für Menschen? Ein 36-jähriger Berliner kennt die Antworten. Er hat solche „Horrorjobs“ getestet.

Tobias Kurfer hat es vom Tellerwäscher zum Sargträger gebracht. Klomann ist er auch geworden, ebenso wie Sexshop-Aushilfe. Und Autor. Denn der 36-Jährige hat über seine Erfahrungen in solchen Aushilfsjobs ein Buch geschrieben. In „Horrorjobs - wie ich mich probehalber ausbeuten ließ“ (Fischer) beschreibt der Wahlberliner die Arbeit in Berufen, von denen als Kind wohl niemand geträumt hat. Warum man sich so was antut? „Ich fand das einfach spannend“, sagt Kurfer. „Wie eine Parallelwelt.“

Nach einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung arbeiten mehr als zehn Millionen Deutsche in Teilzeitjobs. Für jeden fünften ist das eine Notlösung, weil er keine Vollzeitstelle findet.

Die Klofrau, mit der Kurfer sich eine Schicht teilte, hingegen hat einen Vollzeitjob, wie er erzählt. Weil das Geld als Erzieherin aber nicht reicht, geht sie nach getaner Arbeit noch Toiletten schrubben. Früher habe Kufer einer Klofrau ab und an keine 50 Cent hingelegt - „wahrscheinlich passiert mir das so schnell nicht wieder.“ Also ein Plädoyer für Mindestlohn? „Selbstverständlich“, sagt er. „Ich finde, dass Mindestlohn als Zeichen wichtig und richtig wäre.“

Auch er selbst hat im Niedriglohnsektor Erfahrung. Privat arbeitete der gebürtige Bayer schon in gut zwanzig verschiedenen Nebenjobs. Mittlerweile ist er Journalist. Als Tellerwäscher & Co verdingt er sich nur noch, um darüber zu schreiben.

Fußballmaskottchen, Kinderanimateur, Erschrecker in der Geisterbahn oder Museumswärter. Die Liste von Kurfers „Horrorjobs“ ist lang. Die Definition liege aber im Auge des Betrachters, betont er. „Wenn Sie fanatischer Fußballfan sind, kann auch der Fußballmaskottchen-Job die Erfüllung sein.“ Er selbst fand es eher anstrengend: „Sie sehen nichts, Sie hören nichts, Sie stolpern ständig über Ihre eigenen Füße.“

Besonders kurios wurde es für den 36-Jährigen im Sexshop. „Um zehn Uhr morgens war da die Hütte voll - und damit meine ich nicht den Shop, sondern das Kino.“ Ein Gast laufe manchmal den ganzen Tag nackt durch den Laden. „Es gibt Männer, die ziehen vormittags an einem Wochentag eine Tageskarte, verbringen dort Stunden, gehen kurz essen, und kommen dann wieder zurück.“

Welche Arbeit die Schlimmste ist, da will sich Kurfer nicht festlegen. An der Redensart „Vom Tellerwäscher zum Millionär“ sei zumindest nichts dran. „Das hat nichts mit der Realität zu tun.“ Aber: „Jeder Job kann ein Horrorjob sein, wenn Sie einen Vorgesetzten haben, der Sie gängelt. Oder wenn Sie Kollegen haben, die Sie mobben.“

Während sich eine vermeintlich harmlose Stelle als Museumswärter als Knochenjob herausstelle („Es ist so hart, weil es so langweilig ist“), beeindruckten Kurfer die Sargträger („ziemlich schweigsame Leute“) hingegen sehr. „Gerade wegen dieser Würde, die sie auch bei Beerdigungen zeigen, bei denen kein Publikum ist.“ Ob er jemals ein Übernahmeangebot bekommen hat? „Nee, nee. Und wahrscheinlich hätte ich es auch ausgeschlagen.“ Eines steht für ihn fest: Keine „Horrorjobs“ mehr, auch nicht auf Probe.

Literatur:

Tobias Kurfer: Horrorjobs - wie ich mich probehalber ausbeuten ließ. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/Main 208 S., 9,99 Euro, ISBN 978-3-596-19109-3