Wenn Jobeinsteiger von ihrem Beruf enttäuscht sind
Hamburg (dpa/tmn) - Viele Jahre war der Beruf ein Traum, der Weg dahin lang. Doch die ersehnte Ankunft am Arbeitsplatz ist ernüchternd: So viel Spaß macht die Arbeit nicht. Und dann?
„Das Streben nach dem absolut perfekten Job passt zum Zeitgeist“, sagt Karriereberaterin Hanne Bergen aus Hamburg. Früher hätten Eltern oft gesagt: „Such' dir einen Job, der sicher ist.“ Heute lautet die Botschaft häufig: „Such' dir einen, der dich glücklich macht.“ Doch das Streben nach dem ultimativen Glück kann in der Regel nur scheitern: „Es gibt keinen Job, bei dem man immer happy ist.“ Was tun, wenn die Ankunft im Berufsalltag bitter ist?
Erwartungen überprüfen: Der erste Schritt ist, Wunsch und Wirklichkeit zu überprüfen. „Oft klafft da eine ziemlich große Lücke, die man sich mal genauer anschauen muss“, sagt Tom Diesbrock, Karrierecoach und Autor aus Hamburg. Erwarte ich zu viel? Sind meine Vorstellungen unrealistisch? „Es ist nicht ganz leicht, hier wirklich Klarheit zu finden“, sagt der Experte. Er empfiehlt, sich mit guten Freunden und Familienangehörigen über den Zwiespalt auszutauschen. „Gerade am Anfang gehört es ja in den meisten Betrieben dazu, dass die jungen Mitarbeiter erstmal mit Aufgaben anfangen, die nicht so toll sind“, ergänzt Julia Funke, Laufbahnberaterin aus Frankfurt am Main.
Klarheit finden: Was stört mich und warum? Diese Fragen zu klären, sei der nächste Schritt. „Es ist wichtig zu konkretisieren, was fehlt und für Unzufriedenheit sorgt“, erklärt Funke. Sind es soziale Faktoren, zum Beispiel kein gutes Klima unter den Kollegen, zu wenig Feedback oder Lob? Oder sind es inhaltliche Faktoren? Ist es die Tätigkeit als solche oder die Vorgabe, wie sie zu erledigen ist? Sind es die Hierarchien in der Firma? „Dann ist es auch wichtig, sich zu fragen: Wie würde mir der Job gefallen, was müsste anders sein?“, sagt Funke. „Auf diese Weise kann man Lösungen entwickeln, die die Zufriedenheit im Job verbessern.“
Veränderungen bewirken: Nicht immer muss Unzufriedenheit mit dem Job bedeuten, gleich alles hinzuschmeißen. „Viele Dinge lassen sich in Gesprächen lösen“, erzählt Bergen. Sie empfiehlt, mit Vorgesetzten zu sprechen. „Fragen Sie, ob es Optionen für Veränderungen gibt. Die meisten Chefs sind offen für Anregungen und wünschen sich, dass ihre Mitarbeiter zufrieden sind.“ Möglicherweise ist eine firmeninterne Versetzung möglich oder die Erweiterung des Arbeitsspektrums. „Vielleicht lässt sich mit dem Vorgesetzten ein Plan aufstellen, der Perspektiven aufbaut und der noch unbefriedigenden Arbeit erstrebenswerte Ziele setzt“, sagt Funke.
Neue Weichen stellen: Wer am Ist-Zustand wirklich nichts Gutes findet, sollte sich tatsächlich nach neuen Ufern umschauen. Hier hilft noch einmal der Blick auf die Wünsche: „Wem zum Beispiel viel Austausch mit Kollegen wichtig ist, sollte diesen Wunsch ernst nehmen und seine Jobsuche konsequent darauf ausrichten“, sagt Diesbrock. „Ein Probetag kann helfen, sich ein Bild vom neuen Team zu machen, bevor man einen Arbeitsvertrag unterschreibt.“ Wer sich nach ganz anderen Aufgaben sehnt, sollte nach Möglichkeiten für Quereinsteiger suchen: „Es gibt so viele Möglichkeiten, sich zu verändern — ohne gleich eine neue Ausbildung machen zu müssen“, erzählt Bergen. Wichtig sei es bei alledem, nichts zu überstürzen: „Nicht gleich kündigen, sondern ganz in Ruhe planen und umschauen.“
Kompromisse eingehen: Den absoluten Traumjob zu finden, ist nicht ausgeschlossen. „Aber es gibt dafür niemals hundertprozentige Sicherheit“, sagt Julia Funke. Selbst wenn in einem Beruf vieles perfekt ist, können neue Kollegen oder Aufgaben alles wieder auf den Kopf stellen. Funke empfiehlt unzufriedenen Berufsanfängern deshalb Durchhaltevermögen: „Es gibt einfach mal schlechte Phasen und es gehört im Berufsleben dazu, diese aushalten zu können.“ So sei es eine Aufgabe der inneren Einstellung, nicht ständig Idealen hinterherzulaufen, sondern sich zu sagen: „Auch wenn hier nicht alles perfekt läuft, ich mache das Beste daraus und versuche mich in die richtige Richtung weiterzuentwickeln.“
Sich selbst einschätzen: Manchmal sind Erzählungen von Freunden schuld an der Unzufriedenheit. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn die Studienfreunde zur Weltreise aufbrechen und man selbst im Buchhaltungskurs sitzt. Dann kommen natürlich schnell Zweifel auf: Entdecken die jetzt die Welt, während ich hier versauere? „Aber Menschen sind so unterschiedlich: Der eine braucht Sicherheit, der andere Abenteuer“, sagt Bergen. Sich selbst genau einschätzen können und zu hinterfragen, sei wichtig, um sich nicht in diffusen Sehnsüchten zu verlieren. „Ein Buchhalter wird auf Weltreise nämlich nicht zwingend glücklicher.“