Wie werde ich ...? Pferdewirt
Gomadingen (dpa/tmn) - Jeden Tag mit Pferden arbeiten und reiten: Für viele Mädchen ist das ein Traum. Doch der Alltag eines Pferdewirts ist längst nicht so romantisch wie in den „Wendy“-Heften beschrieben.
Die Arbeit ist hart und die Fachkräfte verdienen oft wenig.
Jeden Tag reiten, Pferde füttern und pflegen - Melanie Bazlen hat ihren Traumberuf gefunden. Die 19-Jährige macht eine Ausbildung zur Pferdewirtin. Sie hat den Job, den viele Mädchen wollen. „Man verbringt den Tag mit ganz unterschiedlichen Pferden, reitet selbst und bildet junge Pferde aus“, erzählt sie. Doch so romantisch wie in vielen Mädchen-Träumen ist die Ausbildung nicht. Pferdewirte haben einen Knochenjob, dürfen es mit Überstunden nicht so genau nehmen und verdienen später als Reitlehrer oder in einer Pferdepension oft nicht besonders üppig.
Der Beruf, von dem viele Pferdefans schwärmen, war vor einigen Jahrzehnten noch eine niedere Arbeit. Früher kümmerten sich Knechte und Mägde um die Versorgung der Pferde. Heute ist der Pferdewirt zwar ein Ausbildungsberuf. Doch die Arbeit sei in vielen Punkten die gleiche wie damals, sagt Holger Bartels, Leiter der Abteilung Agrar und Umwelt bei der Gewerkschaft IG BAU.
Der Arbeitsalltag besteht vor allem aus körperlich harter Arbeit. „Pferdewirte müssen oft eben mal 20 Boxen ausmisten, danach bei jedem Wetter 10 Pferde reiten, auf die Weide bringen und füttern“, sagt Dietbert Arnold, der an der Berufsschule Pferdewirte ausbildet. Eine Wochenarbeitszeit von 60 Stunden und mehr sei keine Seltenheit.
Melanie Bazlen hat Glück gehabt. Sie hat einen Ausbildungsplatz am staatlichen Gestüt Marbach in Gomadingen bei Stuttgart bekommen. „Ich muss zwar auch Ställe ausmisten und die Pferde füttern. Aber ich habe auch viel Zeit zu reiten und bei der Ausbildung der Pferde zu helfen“, erzählt sie. Doch die Nachfrage nach solchen Ausbildungsplätzen ist groß. 200 Bewerbungen seien im vergangenen Jahr für die 14 Ausbildungsplätze eingegangen, sagt der Marbacher Ausbildungsleiter Karl Single.
Welche Qualifikationen Schulabgänger mitbringen müssen, hänge auch vom gewählten Schwerpunkt ab. Fünf Fachrichtungen gibt es in der Ausbildung von Pferdewirten. Der größte ist der Bereich Haltung und Service. „Da geht es vor allem darum, die Pferde von Kunden zu versorgen. Entscheidend ist deshalb, dass man die Besitzer genauso gut wie ihre Pferde betreut“, betont Single. Arbeitsmöglichkeiten gibt es anschließend zum Beispiel in Pferdepensionen.
„Im Fachbereich 'Klassische Reitausbildung' verbringt man viel mehr Zeit auf dem Rücken der Pferde“, erzählt Single. „Wer sich dafür interessiert, muss schon vor der Ausbildung gut reiten können.“ Berufschancen ergeben sich anschließend etwa in der Ausbildung von Pferden oder als Reitlehrer.
Der dritte große Bereich ist die Pferdezucht. „Da geht es um das Besamen der Stuten, um die Versorgung beim Abfohlen und um das Eingewöhnen der Fohlen sowie die Aufzucht“, sagt Single. Jobchancen bieten sich anschließend vor allem bei Züchtern. Die Fachrichtungen Pferderennen und Spezialreitwesen seien eher etwas für Spezialisten, die den beschwerlichen Weg zum Profi-Reiter auf sich nehmen wollen.
Wer eine Chance auf einen guten Ausbildungsplatz haben will, müsse schon in der Bewerbung zeigen, dass man ein realistisches Bild von der Ausbildung habe, rät Arnold. „Die Wendy-Mädels, die ihre Bewerbung rosa umranden und schreiben, dass sie schon seit frühester Kindheit von Pferden begeistert sind, haben sofort verloren.“ Ganz wichtig sei auch, schon ein Praktikum gemacht zu haben. Auszubildende kommen laut der Bundesagentur für Arbeit im ersten Lehrjahr eine Vergütung von 468 bis 575 Euro. Im dritten Lehrjahr sind es 558 bis 674 Euro.