Wie werde ich...? Immobilienkaufmann

München (dpa/tmn) - „Aha, ein Hai“ - wer Immobilienkaufmann wird, braucht ein dickes Fell. Bei vielen genießt der Beruf nicht den besten Ruf. Viele verwechseln sie mit Maklern. Dabei ist der An- und Verkauf von Wohnungen nur ein Teil ihres Jobs.

Ob Neubau oder Altbau, teurer Marmor oder abgewetzte Dielen: Jede Wohnung hat etwas für sich, sagt Jan Kemker. Nur, dass nicht jedes Zuhause zu jedem Menschen passt. Er war in den vergangenen Monaten in so vielen Wohnungen, dass er sie nicht mehr zählen kann - in Berlin, Nürnberg oder Buxtehude. Er hat mit türkischen Familien gefrühstückt und sich von alten Seemännern Geschichten erzählen lassen. Er hat Reparaturen organisiert und zwischen Nachbarn geschlichtet, wenn dem einen die Musik des anderen zu laut war. Seit knapp zwei Jahren ist der 24-Jährige nun in der Ausbildung zum Immobilienkaufmann. „Mit jedem Tag macht es mir mehr Spaß.“

Immobilienkaufmann ist einer jener Berufe, zu dem fast alle eine Meinung haben, von dem die wenigsten aber wissen, was er umfasst. Viele denken zuerst an den Makler - und der hat in Zeiten der vielerorts herrschenden Wohnungsknappheit einen denkbar schlechten Ruf. Fernsehsendungen zeigen einen Job, der mit minimalem Aufwand maximalen Gewinn verspricht: Aufschließen, Zimmer zeigen, unterschreiben lassen und dafür eine dicke Courtage kassieren - leicht verdientes Geld, so die Botschaft, mit dem sich Makler an der Not Wohnungssuchender bereichern. Auch Kemker bekommt das immer wieder zu spüren. Wenn er von seinem Beruf erzählt, erntet er oft skeptische Blicke und auch mal ein „Aha, ein Immobilienhai“.

Dabei ist das Verkaufs- und Vermittlungsgeschäft nur ein kleiner Teil seiner Arbeit. Immobilienkaufleute kümmern sich auch um die Verwaltung von Gebäuden und Grundstücken. Sie sind Ansprechpartner für die Mieter, beispielsweise bei Fragen zur Betriebskostenabrechnung. Und sie planen Neubau-, Sanierungs- und Modernisierungsprojekte. „Es ist ein sehr vielfältiger Beruf“, sagt Thomas Schaefers vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

Die Fachkräfte arbeiten bei Wohnungsbauunternehmen, Banken oder Versicherungen - oder eben als Makler. „Es gibt so gut wie keine arbeitslosen Immobilienkaufleute“, ist sich Schaefers sicher. „Vielmehr wird um die, die es gibt, gekämpft.“ So zahlreich die Aufgaben, so vielfältig auch die Arbeits- und Aufstiegsmöglichkeiten. Nach der Ausbildung gehen manche noch einmal an die Uni und machen einen Bachelor in Immobilienwirtschaft. Möglich ist auch die Weiterbildung zum Betriebswirt für Immobilien.

Die Anforderungen an die Auszubildenden sind hoch. Mehr als 70 Prozent der Ausbildungsanfänger hatten 2011 die Hochschulreife. Ebenso gut wie mit Zahlen müssen die Bewerber mit Menschen umgehen können. Der Kontakt mit den Kunden nimmt einen großen Teil der Arbeitszeit ein. Drei Jahre dauert die duale Ausbildung - eine rein schulische Ausbildung ist ebenfalls möglich. Auf dem Stundenplan stehen Fächer wie Buchhaltung, Mietrecht oder Betriebskostenabrechnung.

Während der Ausbildung bekommen die Jugendliche in einem tarifgebundenen Unternehmen im ersten Lehrjahr rund 775 Euro, im zweiten 885 und im dritten 995. Das geht aus Daten der Bundesagentur für Arbeit hervor. Das Einstiegsgehalt kann bei rund 2200 Euro liegen.

Kemker hat Vermietungen organisiert, Handwerker vermittelt und gelernt, wie man einen Mietpreis berechnet. Im Fach Business Management in der Berufsschule geht es auch um die politische Dimension der Wohnungswirtschaft: Wo gibt es besonderen Bedarf an seniorengerechten Wohnungen? In welchen Stadtteilen braucht es was? Für Jan ist es ein Traumjob. Ihm gefällt der Kontakt mit den Kunden und der Wechsel zwischen Büroalltag und Außenterminen. „Ich habe wahnsinnig viel erlebt in diesen zwei Jahren“, sagt er. „Einen reinen Computer-Job hätte ich mir nie vorstellen können.“

Der Kampf gegen das schlechte Image ist und bleibt jedoch ein ständiges Thema in der Branche. Das Problem: Während der Immobilienkaufmann eine geschützte Berufsbezeichnung ist, darf sich jeder mit einer Gewerbeerlaubnis Makler nennen. „Wir brauchen Quereinsteiger“, sagt Peter-Georg Wagner vom Immobilienverband Deutschland (IVD). „Aber in allen ungeschützten Berufen gibt es eben auch Leute, die nicht genügend qualifiziert sind.“ Sein Verband spricht sich deshalb für einen gesetzlich festgeschriebenen Abschluss von Maklern aus.

Kemker hat das Glück, in einem großen Unternehmen zu arbeiten. Ein freier Makler muss auf eigene Kosten inserieren, Zeit investieren - und wird nur im Erfolgsfall bezahlt. „Bei uns geht es dagegen um langfristiges Vertrauen. Es macht nur Arbeit, wenn jemand unglücklich mit der Wohnung ist und sie bald wieder aufgibt.“ Ehrlichkeit sei immer wichtiger als ein schneller Vertragsabschluss. „Und wenn ich merke, dass es nicht passt, dann sage ich das auch.“