Die Zukunft des Autos ist weiblich
Beim Kauf eines Pkw achten Frauen eher auf praktische Details. Das hat mittlerweile auch die Industrie erkannt.
Düsseldorf. Geht es nach den Bedürnissen vieler Frauen, sind ausreichend Ablageflächen und die Qualität der Polsterstoffe für den Autokauf wichtige Kriterien. Das zumindest geht aus einer Studie des Kompetenzzentrums Frau und Auto der Hochschule Niederrhein hervor. "Die Industrie hatte lange taube Ohren, wenn es um die Bedürfnisse der weiblichen Kundschaft geht", erzählt Doris Kortus-Schultes, Leiterin des Kompetenzzentrums und Professorin des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften.
Mittlerweile hätten aber auch viele Automobilzulieferer begriffen, das Frauen den Automarkt immer mehr einnehmen. "Für die immer wichtiger werdende weibliche Kundschaft gibt es mehrere Gründe: Frauen leben länger und haben häufiger höhere Bildungsabschlüsse. Damitverbunden ist ein höherer Anteil berufstätiger Frauen", sagt Kortus-Schultes.
Von den derzeit rund 42 Millionen zugelassenen Pkw auf deutschen Straßen haben etwa 14 Millionen weibliche Halter. Diese Quote liegt deutlich unter dem Frauenanteil von 51 Prozent an der Gesamtbevölkerung. Die Wirtschaftswissenschaftlerin geht davon aus, dass in den nächsten 20 Jahren die Entwicklung eines weiblicheren Autos entscheidend die Arbeit der Designer bestimmen werde.
Verändert hat sich mittlerweile schon die Marke, die Frauen beim Autokauf wählen. Weg vom Kleinwagen, hin zur Kompakt- und manchmal auch zur Oberklasse heißt hier die Devise. Kortus-Schultes: "Frauen fahren Autos, die sich von denen der Männer gar nicht mehr so stark unterscheiden."
Zwar gaben 23 Prozent der befragten Frauen an, einen VW Golf oder Polo zu bevorzugen, während nur 14 Prozent der Männer diese Marken nannten. Und auch Kleinwagen wie Smart, Fiat und Ford Ka werden mehr vom weiblichen Geschlecht gekauft. Trotzdem stehen "dicke Autos" der Oberklasse wie Audi, BMW und Mercedes in der Gunst der Frauen.
Weniger wichtig ist ihnen hingegen die Größe des Pkw. Dafür haben sie für den Innenraum eine ganz lange Wunschliste: "Ablage, Ablage, Ablage", zählt Kortus-Schultes auf. "Manchmal hat Frau mehr als eine Brille, dazu noch Schlüssel und Taschentücher. Und die Handtasche muss auch noch abgelegt werden."
Wichtig sind außerdem Haken, um Beutel und Taschen aufzuhängen, Mulden und eine niedrige Ladekante, um den Wasserkasten oder einen Kinderwagen problemlos in den Kofferraum einzuladen. "Durch die Vielfalt der Rollen sind die Ansprüche an die Funktionalität bei Frauen höher", begründet Kortus-Schultes die weiblichen Bedürfnisse. "Sie fahren zum Job, erledigen die Einkäufe, bringen die Kinder weg und nutzen das Auto in ihrer Freizeit."
Wer schon mal beide Geschlechter beim Autokauf beobachtet hat, wird festgestellt haben: Während der Mann die Motorhaube öffnet, schaut Frau viel lieber ins Innere und streicht auch schon mal über die - hoffentlich hochwertigen - Polster.
Welche Qualität haben die Farben und Stoffe, wie sieht die Verkleidung der Armaturen aus? Fragen wie diese stehen beim weiblichen Geschlecht ganz oben auf der Prioritätsliste. "Ganz typisch ist auch, ob sich die Polster gut reinigen lassen, damit beispielsweise auch mal ein Kaugummi entfernt werden kann", berichtet Kortus-Schultes.
Diese und andere Studienergebnisse machen sich einige Unternehmen in der Autoindustrie bereits zunutze. Bei Johnson Controls, einem Unternehmen in der automobilen Innenausstattung und Elektronik mit Sitz in Burscheid werden die weiblichen Bedürfnisse an die Entwickler und Designer weitergegeben. "Die Studie hat uns wichtige Fakten an die Hand gegeben, um künftig Innenräume nach den Bedürfnissen der Autofahrerinnen gestalten zu können", sagt Nick Xiromeritis, Leiter des Bereichs Entwicklung.