Abschied von Angehörigen - Den Tod im Krankenhaus bewältigen
Göttingen (dpa/tmn) - Stirbt ein Angehöriger im Krankenhaus, kann das für Familienmitglieder überraschend sein. Vieles ist dann gleichzeitig zu erledigen. Dennoch sollten sie sich für das Abschiednehmen ausreichend Zeit nehmen.
Viele Krankenhäuser gehen darauf ein.
Das Krankenhaus sollte nicht die letzte Station für ihre tote Mutter sein. Die Tochter wollte den Leichnam in die Wohnung am Kurfürstendamm holen, in der die Mutter ihr ganzes Leben verbracht hatte. „Das haben wir dann möglich gemacht“, erzählt Thomas Hardeweg. Er ist Mitarbeiter des Hospizdienstes am Sankt Gertrauden Krankenhaus in Berlin-Wilmersdorf.
Sterben Angehörige in der Klinik, ist das für Familienmitglieder oft ein Schock. Denn nicht immer ging dem Tod eine Krankheit voraus, manchmal war es nur ein Routineeingriff. Bei einem plötzlichen Tod hat fast niemand einen Plan im Kopf: „Da können Sie relativ wenig tun, man kann sich darauf nicht vorbereiten“, sagt Prof. Friedemann Nauck, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin.
Sind Angehörige nicht vor Ort, werden sie meist telefonisch informiert. Für diesen Fall sollten sie sich überlegen, wie sie ins Krankenhaus kommen. Völlig aufgelöst selbst ins Auto zu steigen, ist keine gute Idee. „Fragen Sie einen Nachbarn oder Freund. Am besten jemanden, der Ihnen nahe steht, aber emotional weniger stark betroffen ist“, sagt Alexander Helbach, Sprecher von Aeternitas, einer Initiative für Bestattungskultur.
Im Krankenhaus angekommen, geht es vor allem darum, wie lange der Verstorbene auf seinem Zimmer bleiben darf. Dies kann von Krankenhaus zu Krankenhaus variieren. „Fragen Sie in jedem Fall beim Klinikpersonal nach“, rät Hardeweg. Denn viele Krankenhäuser bieten mittlerweile eigene Räume zur Verabschiedung an. Dort gibt es die Möglichkeit Blumen aufzustellen, eine bestimmte Musik zu spielen oder Kerzen anzuzünden.
In vielen Fällen hat es organisatorische Gründe, warum Tote in Krankenhäusern relativ schnell in den Kühlraum gebracht werden - denn die Lebenden haben Vorrang und das Zimmer wird wieder gebraucht. Bei Angehörigen kann dann schnell der Eindruck entstehen, sie müssten sich beim Verabschieden beeilen. Einfach hinnehmen müssen sie dies nicht, sondern können versuchen, mit dem Klinikpersonal zu reden: „Sie dürfen Zeit einfordern. Erklären Sie, dass Sie das für die Verabschiedung brauchen.“
Auf einigen Stationen haben Angehörige die Möglichkeit, mit Hilfe einer Pflegekraft den Verstorbenen zu waschen und anzuziehen. Denn für viele ist das Anfassen ein wichtiger Teil, um den Tod im Wortsinne begreifen zu können. Etwa 36 Stunden Zeit haben die Angehörigen für die Verabschiedung, bevor der Körper in den Kühlraum muss. Danach wird ein Bestatter beauftragt, der den Toten abholt.
Die Formalitäten sind irgendwann abgehakt - der Tod ist es häufig noch lange nicht. „Angehörige müssen sich darauf einstellen, dass sich ihnen wichtige Fragen vielleicht erst Monate später stellen“, sagt Prof. Nauck. Angehörige dürften sich dann nicht scheuen, in der Klinik noch einmal anzurufen und den behandelnden Arzt oder die Pfleger mit ihren Anliegen zu konfrontieren. Besonders häufig beschäftigten sie Fragen wie „Hat er gelitten? Warum war ich nicht da, als er starb?“
Vor allem die letzte Frage beschäftigt viele Angehörige. „Wir beobachten aber oft, dass Menschen im Krankenhaus regelrecht auf den Moment warten, an dem sie alleine sind, um zu sterben“, erklärt Nauck. Hinterbliebene fühlten sich dennoch schuldig, im letzten Moment nicht dagewesen zu sein.