Absturz nach dem Auszug - Jugendliche in der Schuldenfalle
Berlin (dpa/tmn) - Mehr als 10 000 Euro Schulden mit 23 Jahren: Viele Jugendliche sind in den Miesen. Häufig fängt mit dem Auszug alles an. Mit Handyvertrag, Miete oder einem Kredit wachsen die Ausgaben.
Sie im Blick zu behalten, fällt jungen Erwachsenen oft schwer.
Könnte Kevin Muxfeldt die Zeit für ein paar Jahre zurückdrehen, würde er vieles anders machen. Vielleicht zöge er nicht so früh in eine eigene Wohnung. Sicherlich würde er keinen Handyvertrag für 90 Euro im Monat mit zweijähriger Laufzeit abschließen. Und ganz bestimmt besser auf seine Post achten.
Kevin Muxfeldt kann die Zeit nicht zurückdrehen. Stattdessen bereitet er seine Privatinsolvenz vor - er ist pleite mit 23 Jahren. Zwischenzeitlich hatte er mehr als 10 000 Euro Schulden.
So wie Muxfeldt geht es vielen Jugendlichen in Deutschland. Das Statistische Bundesamt wertete Daten von Beratungsstellen über knapp 74 000 verschuldete Menschen in Deutschland aus. Mehr als 5000 von ihnen waren 2011 unter 25 Jahre alt, etwa jeder Fünfte dieser Gruppe hatte mehr als 10 000 Euro Schulden.
„Das Hauptproblem ist, dass viele junge Menschen kaum in der Lage sind, ihre finanziellen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen“, sagt Alis Rohlf, Leiterin der Koordinierungsstelle Schuldnerberatung in Schleswig-Holstein. Dies habe zum einen mit überzogenen Gehaltsvorstellungen zu tun. Zum anderen hätten viele Jugendliche kein Gefühl für ihre Finanzen.
Für den besseren Überblick rät Rohlf zu einem Haushaltsplan: Einnahmen auf die eine, Ausgaben auf die andere Seite. Im Internet gibt es für solche Finanzplaner gleich mehrere Seiten.
Solange die Jugendlichen noch zu Hause leben, springen oft Eltern oder Verwandte ein, wenn am Ende des Monats kein Geld mehr übrig ist. „Wenn junge Menschen einen Haushalt gründen, verrennen sie sich oft“, sagt Rohlf.
„Ich habe mir leider ein paar Verträge zu viel angelacht“, erzählt Muxfeldt. Mit 18 Jahren dürfen junge Erwachsene eigene Verträge abschließen. Das ist verlockend, kann aber teuer werden. „Gerade bei wichtigen Entscheidungen sollte man wirklich noch mal eine Nacht drüber schlafen“, sagt Rohlf. Auf der Straße oder an der Wohnungstür sollten Jugendliche grundsätzlich nichts unterschreiben.
Eine weitere Schuldenfalle sind Dispo-Kredite bei der Bank. Kevin Muxfeldt legte sich gleich zwei Konten zu. Irgendwann war das eine um 500 Euro, das andere um 800 Euro überzogen. „Man kommt da einfach nicht mehr raus“, berichtet Muxfeldt. Hinzu kommen die hohen Zinsen, die man der Bank zahlen muss.
Auch Christina Huber, Schuldnerberaterin in München, spricht mit vielen jungen Menschen, die Probleme mit Dispo-Krediten haben. Sie rät dazu, statt mit Karte lieber bar zu zahlen. „Wenn man relativ viel mit der EC-Karte zahlt, verliert man den Überblick.“
Bei Kevin Muxfeldt landete die Post irgendwann nur noch auf der Ablage - oder im Mülleimer. „Ich hab die Rechnungen erstmal beiseite gepackt“, sagt er. Nach einem Umzug sei die Post weiter an die alte Adresse gegangen, weil er keinen Nachsendeauftrag einrichtet hatte. Schließlich wurden seine Konten gepfändet. Huber rät in solchen Fällen, sich sofort mit den Gläubigern in Verbindung zu setzen. So ließe sich unter Umständen eine Ratenzahlung vereinbaren.
Kann man selbst die Miete nicht mehr bezahlen, riskiert man sogar, das Dach über dem Kopf zu verlieren. „Wenn kein Kontakt mehr zu den Eltern besteht, muss man bei Freunden unterkommen“, sagt Huber, die die Betroffenen ermutigt, offen mit Freunden und Verwandten über ihre Geldprobleme zu sprechen. Im Notfall könne man sich an Fachstellen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit wenden.