Freundschaften lieber offline beenden
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Manche Freundschaften halten ein Leben lang. Aber genauso oft zerbrechen sie, und man trifft sich eher aus Gewohnheit als aus Interesse. Aber wie kann man eine Freundschaft diplomatisch beenden?
Frankfurt/Main (dpa/tmn) - Manche Freundschaften halten ein Leben lang. Aber genauso oft zerbrechen sie, und man trifft sich eher aus Gewohnheit als aus Interesse. Aber wie kann man eine Freundschaft diplomatisch beenden?
Die Situation kennt jeder: Man telefoniert mit einer Freundin, und sie erzählt von den Neuigkeiten aus ihrem Leben. Doch man denkt: „Jetzt jammert sie schon wieder über dasselbe“, und ist genervt statt interessiert. Manchmal gibt es für dieses Gefühl gar keinen triftigen Grund. Man hat sich nur auseinandergelebt oder interessiert sich nun für andere Dinge als vorher. Schwierig wird es nur, seiner Freundin genau das schonend beizubringen.
Am ehrlichsten wäre es wohl, ihr ins Gesicht zu sagen: „Hey Pia, wir kennen uns zwar schon seit mehreren Jahren, aber irgendwie passen wir nicht mehr so zusammen. Ich würde unsere Freundschaft gerne beenden.“ Und wie reagiert sie dann? „Ja, das verstehe ich. Gar kein Problem. Tschüss.“
Die Realität sieht meist anders aus, besonders bei Jugendlichen, sagt Monika Fey, Diplom-Psychologin in Kempten. Statt miteinander zu reden, werde der andere meist kalt gestellt und ignoriert. „Sag deinen Freunden, was dich stört“, rät Fey deshalb. Gerade bei Jüngeren würden Freundschaften besonders hässlich beendet. Der andere wird dann nicht nur wie Luft behandelt, sondern auch noch im gesamten Freundeskreis schlecht gemacht.
Egal, ob durch Gerüchte oder negative Posts bei Facebook: Ehemalige Freunde öffentlich vorzuführen, sei ein No-Go, sagt der Kinder- und Jugendpsychotherapeut Michael Bourgeon aus Frankfurt am Main. Doch viele suchten geradezu das große Finale und den Gesichtsverlust der anderen Person, gerade wenn ein Streit vorausging. Einen Schritt weiter bringe Jugendliche das aber nicht. Hilfreich ist laut Bourgeon erst einmal ein Gespräch mit einer neutralen Person. Das kann helfen, die eigene Haltung und das vorherige Geschehen besser einschätzen zu können.
Manchmal kann es sinnvoll sein, einen Brief zu schreiben, sagt Monika Fey. Er müsse nicht einmal abgeschickt werden. Es gehe eher darum, festzustellen, was man dem Freund gegenüber alles loswerden möchte. Chatten ist hingegen kontraproduktiv. Das Hin- und Herschreiben rufe bloß Verwirrung hervor. „Es ist natürlich einfacher, weil man dem Freund dabei nicht in die Augen schauen muss“, sagt Fey.
Beim persönlichen Gespräch kann allerdings einiges schieflaufen. Findet man nicht die richtigen Worte, gibt schnell ein Wort das andere. Eine spontane Verabredung, um einem Freund zu erklären, dass man ihn nicht mehr leiden kann, bringt nichts. „Wenn mein Wunsch, alle Emotionen auszusprechen, auf Unverständnis stößt, kann es schnell zu Überreaktionen kommen“, erklärt Bourgeon.
Aber um eine Freundschaft anständig zu beenden, gibt es nur eine Lösung: miteinander reden. Denn die Freundschaft per SMS oder bei Facebook zu beenden, sei keine anständige Lösung, findet Jugendberaterin und Diplom-Sozialpädagogin Yevgeniya Yablonska. Die 33-Jährige arbeitet bei der Jugendberatungsstelle „Zoff“ in Dortmund.
Auch wenn man auf seine Freundin oder seinen Freund sauer ist, sollte man Geheimnisse oder Gefühle auf keinen Fall ausplaudern. Das sei für die andere Person einfach nur verletzend, sagt Yablonska.
Den anderen einfach wie Luft zu behandeln, sei besonders feige. „Denk immer daran, dass dieser Mensch einmal dein Freund war und dir viel bedeutet hat“, rät Yablonska. Und nur wer sich die Mühe mache, eine Freundschaft offen und ehrlich zu beenden, könne dem anderen danach noch offen in die Augen schauen.