Gefechts-Pausen: Streit mit Geschwistern meistern
Berlin (dpa/tmn) - Auch wenn Streit und Zankereien mit Schwester oder Bruder verdammt nervig sind - ohne scheint es nicht zu gehen. Aber wie kommt das? Und wie schafft man es, ruhig zu bleiben, wo lässt man am besten Dampf ab?
Berlin (dpa/tmn) - Auch wenn Streit und Zankereien mit Schwester oder Bruder verdammt nervig sind - ohne scheint es nicht zu gehen. Aber wie kommt das? Und wie schafft man es, ruhig zu bleiben, wo lässt man am besten Dampf ab?
„Geschwister messen sich untereinander und fragen sich: Wer ist größer, schneller, besser“, sagt Ulric Ritzer-Sachs von der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. „Jeder weiß: Die Beziehung zu meinen Geschwistern ist so eng, dass sie es aushält, wenn ich mich nicht zusammennehme und wir uns richtig streiten.“
Gerade in der Pubertät grenzen sich Geschwister stärker voneinander ab, sagt der Berliner Schulpsychologe Klaus Seifried. Wenn Menschen wie in der Familie eng zusammenleben, sind Konflikte normal, sagt er. Wichtig sei es, das zu akzeptieren und eine Streitkultur zu entwickeln: Also die eigenen Interessen ohne Vorwürfe zu formulieren und nach Lösungen zu suchen, die für alle akzeptabel sind.
Am besten überlegen sich Jugendliche in einer friedlichen Phase, wie sie sich verhalten, wenn der nächste Streit ausbricht, rät Ritzer-Sachs. „In der Wut ist es schwer, einen Konflikt vernünftig zu lösen.“ Geschwister können für den nächsten Streit eine Verabredung treffen: Wenn es knallt, bekommt jeder erst mal eine halbe Stunde Zeit um sich abzureagieren.
Jeder hat eine andere Technik, seine Wut loszuwerden - und das sollte man unbedingt, bevor man einen Streit löst, rät Ritzer-Sachs. „Dem einen hilft es, Joggen zu gehen, ein anderer hört Musik, und ein Dritter zerreißt Papier um runterzukommen.“
Auch mitten im Wortgefecht hilft eine kurze Pause, erklärt Psychologe und Buchautor Joachim Lask. „Wenn ein Wort das andere gibt und die Wut in einem hochkocht, sollte man die Situation für einen Augenblick unterbrechen.“ Wer dem anderen sagt, er müsse etwas holen oder auf die Toilette und das Zimmer kurz verlässt, hat ein paar Minuten Zeit um sich zu beruhigen. Danach lässt es sich besser miteinander reden.
Bei der Aussprache kann ein Stift, ein Stein oder ein anderes Symbol helfen: Nur wer das Rede-Zeichen in der Hand hält, darf sprechen, erklärt Lask. Boshaft über den anderen herzuziehen ist aber auch mit Rede-Zeichen verboten. „Klar darf man emotional-laut und deutlich sagen, was einen ärgert - aber man muss fair bleiben.“ Echtes Zuhören ist dabei gar nicht so einfach, weiß Lask. Deshalb ist es wichtig, vorher zu vereinbaren, dass jeder aussprechen darf.
Ritzer-Sachs empfiehlt außerdem die VW-Regel: Dabei werden Vorwürfe in Wünsche umgewandelt. Anstatt den anderen zu beschuldigen, mit Absicht fiese Dinge zu sagen, sollte man sich wünschen, dass er sich mit verletzenden Äußerungen zurückhält.
Auch ein festgesetzter Zeitrahmen kann helfen, sagt Ritzer-Sachs: Wer vereinbart, nach einer bestimmten Zeit die Eltern um Rat zu fragen, verhindert, dass ein Streit eskaliert. Grundsätzlich sollten Jugendliche aber so viel wie möglich allein regeln, glaubt Ritzer-Sachs. „Eltern müssen es aushalten können, dass es mal kracht.“
Eltern spielen bei der Beziehung unter Geschwistern eine wichtige Rolle, wendet Seifried ein. Denn sie sind Vorbilder für die Kinder, auch im Konfliktverhalten. Außerdem können Eltern die Streitkultur ihrer Kinder beeinflussen: Geschwister wissen meistens genau, wo der wunde Punkt des anderen liegt und was sie sagen müssen, um ihn zu kränken, sagt Seifried. Je zufriedener und selbstbewusster Jugendliche sind, desto weniger Konflikte gibt es zwischen den Geschwistern.
Ist die Schwester oder der Bruder trotzdem mal so richtig fies, macht man sich am besten bei Freunden Luft, sagt Ritzer-Sachs. „Freunde hören zu, ergreifen Partei und trösten.“ Denn häufig will man sich nach einem Streit keine Tipps für das Verhalten abholen, sondern sich nur den Ärger über die Geschwister von der Seele reden.
Auch wenn Konflikte zwischen Geschwistern anstrengend sind, haben sie etwas Gutes, meint Seifried. „Das Bewusstsein, dass man sich selbst auch mal zurückzunehmen muss, wird in der Gesellschaft seltener.“ Im Konflikt mit den Geschwistern lernen Jugendliche schon früh, auch mal zurückzustecken und sich anzupassen.
Außerdem ist der Streit mit den Geschwistern eine Übung für später, sagt Lask. Denn auch im Berufsleben warten Konflikte. Wer bis dahin gelernt hat, wie man die eigenen Emotionen in den Griff bekommt und einen Streit nicht eskalieren lässt, ist klar im Vorteil. Denn die Eltern kann man irgendwann nicht mehr dazu holen.