Mein Kind lässt sich scheiden: Balanceakt für Eltern

Hamburg (dpa/tmn) - Mit einer Scheidung wird alles anders: Familienfeiern, Urlaub und der gesamte Alltag. Das trifft nicht nur die Partner und deren Kinder. Auch für die Eltern oder eben die Großeltern ist eine Trennung von Kind und Schwiegerkind ein großer Einschnitt.

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„Kinder und Enkel sind für Senioren häufig der zentrale Lebensinhalt“, sagt Diplom-Psychologe Axel Kreutzmann, der beim Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen die Fachgruppe Arbeit mit Älteren leitet. Entsprechend groß ist die Belastung bei einer Trennung. Hinzu kommt der ständige Balanceakt: Hilfe anbieten aber sich nicht aufdrängen, unterstützen aber nicht Partei ergreifen und vor allem trösten, obwohl man selbst traurig ist.

Denn in einer solchen Situation hat manch einer sicher auch eigene Sorgen. „Was man als Eltern oder Großeltern eigentlich will, danach wird meist gar nicht gefragt“, sagt Jochen Waibel, Diplom-Psychologe und Mediator in Hamburg. „Man kann einen kleinen Teil dazu beitragen, dass der Bruch sich nicht durch die ganze Familie zieht.“

Wie kann man seinem Kind helfen?

Eine stabile, neutrale Basis könne sehr hilfreich sein, sagt Frieder R. Lang. Er ist Professor für Psychogerontologie an der Universität Erlangen-Nürnberg. „Eine, bei der die Konflikte mal nicht im Vordergrund stehen und man auch eine positive, freundschaftliche Ebene in der Beziehung erleben kann.“ Denn das Kind steckt in einer schweren Lebenskrise. „Man sollte sich anbieten als Gesprächspartner“, rät Kreutzmann.

Aber so, dass das Kind auch ablehnen oder ein Gespräch auf später vertagen kann. Kommt das Gespräch zustande, sollte man sich überwiegend auf das Zuhören beschränken. „Das Kind erzählen lassen, Dinge loswerden lassen.“

Sollte man Partei ergreifen?

Nein. Weder sollten Eltern gegen den Ex-Partner wettern, noch dem eigenen Kind Vorwürfe machen. „Ich empfehle, sich aus den Konflikten der eigenen Kinder mit ihren Lebenspartnern grundsätzlich herauszuhalten“, sagt Lang. Unparteiisch sollte man auch den Enkeln gegenüber bleiben. „Es ist wichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass die Enkel in aller Regel beide Eltern gleichermaßen lieben.“ Über jemanden herzuziehen, kann für die Enkel sehr belastend sein.

Darf man Kontakt zum Schwiegerkind halten?

Ob der Kontakt zum Schwiegerkind hält, hängt in erster Linie davon ab, ob man es in der Zeit geschafft hat, eine eigene Beziehung aufzubauen. „Schwiegerkinder sind enge Vertraute der eigenen Kinder“, sagt Lang: Und wenn ein gutes Verhältnis zu den eigenen Kindern besteht, entwickelte sich meist ganz natürlich und unwillkürlich auch Nähe, Freundschaft oder sogar Vertrautheit mit deren Partnern.

„Wenn man sich mag und dieses Gefühl wechselseitig besteht, dann spielen andere Überlegungen, was man darf beziehungsweise nicht darf oder wie oft man sich trifft, meist keine Rolle.“ Eine Erlaubnis braucht man nicht, sagt auch Waibel. Allerdings sollte man seinem leiblichen Kind gegenüber transparent machen, dass der Kontakt besteht.

Was ist, wenn man sich mit seinem eigenen Partner über die Trennung der Kinder uneinig ist?

Das kann vorkommen und ist auch ganz normal. „Vater und Mutter haben nicht immer die gleichen Gedanken und Gefühle“, sagt Kreutzmann. „Dementsprechend unterschiedlich können sie reagieren.“ Wichtig ist aber, dass man die Unterschiede nicht vor Sohn oder Tochter austrägt. Sonst könnten sich beim Kind Schuldgefühle wie „Durch meine Scheidung bekommen meine Eltern jetzt Streit“ einstellen.

Was ist, wenn die Eltern den Kontakt zu den Enkeln unterbinden?

Grundsätzlich haben, wenn es hart auf hart kommt, die Großeltern ein Recht auf Umgang, wenn der dem Kindeswohl dient, sagt Annemie Wittgen, Vorsitzende der Bundesinitiative Großeltern. Vor Gericht seien allerdings immer die Großeltern in der Pflicht, nachzuweisen, dass der Umgang dem Wohl des Kindes dient - einfach ist das nicht. Deshalb ist es besser, es nicht zu einem Gerichtstermin kommen zu lassen. „Sie sollten erst immer schauen, ob sie so in Kontakt treten können. Zum Beispiel den Eltern und auch den Enkeln einen Brief oder eine Karte schreiben.“

Den Enkeln bestmöglich signalisieren, dass man für sie da ist. Einfach spontan vor der Tür zu stehen, sei nicht so empfehlenswert. Dabei dringt man schließlich in die Privatsphäre von Kindern und Enkeln ein.