Im Alter verschuldet - Profis und Freunde helfen aus der Krise

Erlangen (dpa/tmn) - Immer mehr ältere Menschen über 60 sind verschuldet. Die finanzielle Krise und drohende Mahnbriefe von Gläubigern bedrücken und verängstigen. Gleichzeitig schämen sich die Betroffenen.

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Einen Ausweg bieten seriöse Schuldnerberater.

Wieder ein Brief. Wieder eine Rechnung. Wieder eine Mahnung. Dieses Mal mit deutlichen Drohungen. Der Magen zieht sich zusammen, das Herz klopft, der Blick auf das Konto beweist: Ich habe nichts mehr.

„Eine Verschuldung ist etwas, das jeden Menschen in jeder Lebenslage treffen kann“, stellt Professor Frieder Lang fest. Er ist Leiter des Instituts für Psychogerontologie an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Der Schuldneratlas der Creditreform Wirtschaftsforschung, die jährlich die Verschuldung der Deutschen untersucht, zeigt seit Jahren eine stetige Steigerung der Verschuldung bei den über 60- und über 70-Jährigen.

Die Gründe sind vielfältig. Die Rente ist geringer als das einstige Gehalt, die Vorsorge nicht ausreichend. Gleichzeitig steigen die Kosten für die Behandlung von Krankheiten, etwa für Medikamente. Eine weitere Ursache: Stirbt der Partner, fällt sein Einkommen weg.

Wenn ein Betroffener merkt, dass er Schwierigkeiten hat, Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, beginnt meist eine unheilvolle Spirale: Er knapst sich das Geld ab, lässt vielleicht wichtige Medikamente weg, zahlt dafür aber die Stromrechnung. „Manch einer isst nur noch trocken Brot, um die Miete zahlen zu können“, sagt Birgit Höltgen von der Schuldnerberatung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Viele Verschuldete ziehen sich zurück - die Situation bedrückt sie, außerdem können sie sich Seniorencafé oder Ausflüge nicht leisten. Gerade für ältere Menschen ohne Partner eine harte Situation: „Es ist besonders schlimm für diejenigen, die verschuldet sind und sozial isoliert“, sagt Lang.

Dazu kommt das zermürbende Gefühl, Schuld zu haben - und große Scham. „Es ist ein Gefühl des Scheiterns“, sagt Michael Weinhold von der Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Verbände in Berlin.

Doch es gibt Hilfe: „Wohlfahrtsverbände wie Caritas, Diakonie, Arbeiterwohlfahrt oder Paritätischer Wohlfahrtsverband bieten eine seriöse Schuldnerberatung an. Man kann sich hier oder bei sozialen Diensten erkundigen, wo es eine Schuldnerberatung in der Nähe gibt“, empfiehlt Höltgen. Auch die Verbraucherzentralen nennen Adressen, Auskunft geben außerdem soziale Dienste oder die Bundesarbeitsgemeinschaft für Senioren (Bagso).

„Man sollte sich möglichst frühzeitig beraten lassen, am besten, wenn man die ersten Zahlungsschwierigkeiten feststellt“, rät Weinhold. Viele ältere Verschuldete kommen jedoch erst, wenn die Situation schon lange gärt. „Keine Sorge, es gibt vom Berater keine Vorwürfe oder Schuldzuweisungen“, beruhigt Weinhold. „Sie finden Lösungen und begleiten den Schuldner.“

Priorität habe immer, dass Miete, Strom und Essen für den Betroffenen gesichert sind und er genug zum Leben hat. Dann wird geguckt, welche Forderungen bedient werden können. Gesetzlich gilt, dass ein Einkommen unter 1050 Euro nicht pfändbar ist, erklärt Weinhold. In manchen Fällen kann auch ein Insolvenzverfahren eingeleitet werden, bei dem der Schuldner nach sechs Jahren schuldenfrei ist.

Hilfreich kann es für ältere Menschen sein, einen Vertrauten zum ersten Gespräch bei der Schuldnerberatung mitzunehmen. Denn manch einer bekommt nicht mehr alles so schnell mit, ist bei komplexen Finanzthemen überfordert oder hört nicht mehr so gut.