Immer wieder mittwochs: Mit dem Shuttle-Bus zum Friedhof
Mauer (dpa) - Zu beschwerlich, zu weit weg: Auf dem Land ist ein Friedhofsbesuch für viele Senioren ohne fremde Hilfe nicht drin. Eine Gemeinde bei Heidelberg spendiert ein Friedhofs-Shuttle - zur Freude der Witwen.
Eine Seniorin wartet schon ungeduldig am Gartentor und hält Ausschau, eine andere kommt erst hinaus, als der Bus schon vor ihrem Haus steht. Es läuft jede Woche gleich ab: Um 14 Uhr kurvt ein Friedhofs-Shuttle kreuz und quer durch die 4000-Einwohner-Gemeinde Mauer bei Heidelberg und sammelt Seniorinnen ein - kostenlos. Das Angebot ist vor allem bei Witwen beliebt.
„Es ist schon ein weiter Weg, laufen könnte ich das nicht mehr“, sagt Rentnerin Margret Birkenmeier. „Ein richtiger Himmelsweg.“ Der Friedhof liegt erhöht über der Gemeinde. Viele der Damen, die jede Woche mitfahren, sind nicht mehr gut zu Fuß. Bevor es den Bus gab, waren sie auf ihre Kinder oder auf Bekannte angewiesen, um zu den Gräbern zu gelangen. Ein regulärer Bus fährt hier nicht. Es gibt eine Treppe, aber mit ihren mehr als 100 Stufen ist sie für viele Ältere nicht zu bewältigen.
Der parteilose Bürgermeister der Gemeinde, John Ehret, ermöglicht den Service seit gut einem Jahr. Die Idee kam von einer Seniorin, die erkannt hatte, dass sie mit ihrem Mobilitäts-Problem nicht allein war. „Da habe ich sofort gesagt: Na klar, das machen wir“, erzählt Ehret. „Die Kommunen müssen mehr tun für ältere Menschen.“ Er organisierte kurzerhand einen kleinen Bus, in dem acht Seniorinnen und wenn nötig auch ein Rollator Platz haben. Kurze Zeit später war der Friedhofsbus eine feste Größe in Mauer.
„Die Gemeinde zahlt das“, sagt Ehret. „Es kostet wirklich nicht die Welt.“ Den genauen Betrag will er nicht nennen - im Monat seien es aber unter 100 Euro. Fast immer kämen dieselben Damen mit, erzählt er. „Das hat sich so eingependelt, bis jetzt hat der Achtsitzer immer gereicht.“ Werde die Nachfrage doch mal größer, sei der Friedhofs-Shuttle flexibel und drehe eben zwei Runden. So weit weg sei der Friedhof nun auch wieder nicht.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (Bagso) wünscht sich mehr Angebote wie den Friedhofsbus in Mauer. „Alles, was die Mobilität älterer Menschen erhöht, erhöht deren Lebensqualität“, sagt eine Sprecherin. „Auf dem Land sind Senioren zum Teil völlig abgeschnitten, das ist ein ganz großes Problem. Die Kommunen müssen verstärkt in diese Richtung Überlegungen anstellen.“ Um Bekannten oder Verwandten nicht zur Last zu fallen, schränkten Ältere ihre Besuche auf dem Friedhof oft ein. „Dabei ist es für viele sehr wichtig, regelmäßig zum Grab zu fahren.“
In Mauer melden sich die Seniorinnen für die Mittwochstour an, damit die Fahrer wissen, wen sie wo abholen müssen. Der Bus fährt bis in die kleinste Seitenstraße. „Ich finde dieses Angebot sehr wichtig“, sagt Fahrerin Gudrun Reichmann. „Bei vielen wohnt die Familie nicht mehr hier, um sie hinzufahren.“ Die älteste Dame, die regelmäßig mitkomme, sei schon über 90. Sie habe immer nur Frauen abgeholt, sagt die Fahrerin. „Die Männer fahren eher selbst noch.“
Die Stimmung im Bus ist gut. Jede Zugestiegene wird von den anderen freudig begrüßt. „Wie war es auf dem Geburtstag?“, „Was gibt es Neues?“ - die Fahrt ist auch eine Möglichkeit, Freundinnen zu treffen und auf dem Laufenden zu bleiben. Auf dem Friedhof angekommen, hilft die Fahrerin den Damen aus dem Bus. Mancher stellt sie einen Tritt vor die Tür, um das Aussteigen zu erleichtern.
Die Frauen haben es plötzlich eilig. Sie verteilen sich auf dem Friedhof, jede geht zur Ruhestätte ihres verstorbenen Mannes oder der Eltern. Manche haben Blumen mitgebracht, einige kleine Harken, um das Grab zu pflegen. Meist sind sie etwa eine Stunde auf dem Friedhof, an regnerischen Tagen wie diesem bleiben sie nur kurz. Sie kommen ja bald wieder. Nächsten Mittwoch.