Keine anonyme Bestattung: Gräber unterm Gingkobaum
Flensburg (dpa) - Gestorben wird immer - doch wird auch immer bestattet? Nicht so jedenfalls, wie wir es kennen: Erdbestattung im Familiengrab ist out. Doch auch anonyme Bestattungen lehnen immer mehr Menschen ab.
Die Lösung: Themengräber wie Rosarien oder Gingko-Gärten.
Wie soll einmal mein Grab aussehen? Die Frage der Bestattung ist eine sehr private, dennoch ist auch dieser Bereich nicht frei von Trends. Waren jahrzehntelang Erdbestattungen im Familiengrab das einzige, was infrage kam, haben sich in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen für eine Urne entschieden - oder gar für eine anonyme Bestattung. Jetzt scheint das Pendel umzuschlagen.
„Anonyme Bestattungen haben viel Leid gebracht“, sagt Karin Wiese von der Regionalgruppe Schleswig-Holstein des Verbands der Friedhofsverwalter Deutschlands. „Die Menschen hatten eigentlich nur die Sorge, dass das Grab nicht gepflegt wird. Sie wollten Angehörige nicht belasten und ließen sich anonym bestatten.“ Später tue es den Hinterbliebenen aber weh, nicht an einem Grab stehen zu können. Inzwischen wollten die Leute zwar immer noch pflegeleichte Gräber, aber wieder mehr Individualität. Gleichzeitig sind durch die Urnen- und anonymen Bestattungen viele Flächen frei geworden auf Friedhöfen. Wie man die nun entsprechend bewirtschaften kann, zeigt der Friedhof Friedenshügel in Flensburg.
Dort hat man sich für Themengärten entschieden - besonders gestaltete Flächen für Sammel-Urnengräber. Sie sind zum einen kostengünstig, weil pflegeleicht, zugleich bieten sie aber eine gewisse Individualität, weil es einen Stein mit Namen gibt. „Die Menschen wollen eigentlich kein Grab auf einer großen Wiese, sondern eine namenbezogene Grabstätte, wo man Trauerrituale zulassen kann, Blumen, Briefe und Figuren hinterlassen kann“, sagt Thomas Rasmussen, Geschäftsführer der Flensburger Friedhöfe.
Auf einer Führung zeigt er einer kleinen Gruppe von Interessenten das Rosarium. „Es sieht eigentlich gar nicht wie ein Friedhof aus, oder?“, fragt er die Senioren. Kreisförmig sind auf einer Rasenfläche Steinquader angeordnet, in der Mitte steht ein Pavillon mit Bänken. Rosen und Lavendel blühen, um deren Pflege sich die Verwaltung kümmert. Auf den Quadern stehen die Namen der Menschen, deren Urnen dort in Gemeinschaftsgräbern ruhen. Ein älteres Ehepaar ist unzufrieden. „Unser Name zusammen mit Wildfremden? Das gefällt uns gar nicht.“
Eine Alternative ist der Gingko-Garten. Unter dem Baum, der als Symbol für Verbundenheit gilt, sind acht Quader angeordnet, die wiederum Urnengräber markieren. Da kann eine Familie auch einen ganzen Baum für sich buchen. Die Themengärten stoßen auf starkes Interesse, erzählt Rasmussen. Anonyme Bestattungen entpuppten sich oft als „Irrtum“. Seit es die Themengärten gebe, seien anonyme Gräber deutlich seltener gefragt. Sogar eine hohe Zahl von Umbettungen gebe es in die namenbezogenen Themenfelder.
Diesem Wunsch nach mehr Individualität bei gleichzeitig leichter Pflege will auch die Kirche Rechnung tragen. Man müsse sich mit Entwicklungen wie Themengärten den Anforderungen der Gesellschaft stellen, kommentiert Norbert Radzanowski, Sprecher der Nordelbischen Kirche, die Veränderungen auf Friedhöfen. Auch er beobachtet den Wunsch vieler nach einem individuellen Trauerort. Man brauche einen solchen Ort. Denn, so formuliert es Radzanowski: „Die Menschen wollen wissen - wo genau ist mein Liebster?“