„Mama, ich hab' einen Freund“: Mit Eltern über peinliche Themen reden
Fürth (dpa/tmn) - Egal, ob der erste Freund, die Pille oder Angst vor dem Referat: Viele dieser Themen sind jungen Leuten unangenehm, und sie besprechen sie nicht gerne mit den Eltern. Doch wer früh genug damit um die Ecke kommt, kann von einem Gespräch profitieren.
Wie soll man fragen, ob der neue Freund endlich mal zu Hause übernachten darf? Und wann spricht man am besten die erste Periode an? Völlig unvorstellbar, mit den Eltern über solche Themen zu reden. Der besten Freundin oder dem Fußballtrainer konnte man es ganz locker erzählen. Eigentlich ist es gar nicht so schwer - Jugendliche müssen nur die richtige Situation schaffen.
Nicht jede neue Schwärmerei, jeder Liebeskummer oder jeder Streit gehen die Eltern etwas an. „Man muss als Jugendlicher auch mal auf die Nase fallen“, sagt Ulrich Gerth, Vorsitzender der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. Bedeutet: Es ist nicht nötig, Mama per SMS sofort mitzuteilen, dass der neue Schwarm gerade über den Schulhof läuft.
Und dann kommt hinzu, dass es für jedes Thema verschiedene Ansprechpartner gibt. „Das hat immer mit Vertrauen zu tun, ob die andere Person auch zuhört“, sagt Jan-Uwe Rogge, Familienberater und Buchautor. Es kann also sein, dass Probleme in der Schule eher mit der Patentante besprochen werden. Wenn es um den ersten Freund geht, dann sucht man oft erst mal bei Freunden Rat.
Trotzdem kommen einfach Situationen auf, bei denen die Eltern am besten helfen können. Und das ist auch gut so: „"Eltern" leitet sich von "älter sein" ab“, sagt Rogge. Die Eltern sind einfach schon ein paar Jahrzehnte länger auf der Welt. Und oft kann man es sich schwer vorstellen, aber auch Mama kennt Liebeskummer, und Papa war früher in der Schule richtig nervös vor Referaten.
„Generell ist es gut, wenn ein Problem angesprochen wird“, sagt Gerth. „Dann schmort es nicht mehr in mir drin.“ Und oft sind Probleme viel kleiner, wenn sie erst einmal ausgesprochen sind. Eltern haben schon einiges an Lebenserfahrung gesammelt. Außerdem ist die Situation am Ende meist dann doch nicht so peinlich wie erwartet. „Es gibt überhaupt keine peinlichen Themen“, sagt Rogge, „es gibt höchstens ungewohnte, nicht alltägliche Themen.“
Vor allem kommt es bei dem Gespräch über die erste Pille oder die schlechte Note in Mathe auf die richtige Situation an. „Man muss den inneren Schweinehund überwinden, aber nicht zwischen Tür und Angel“, sagt Diplom-Psychologin Marion Schömburg. Also ein Problem am besten nicht gerade vor dem Kühlregal im Supermarkt, während eines spannenden Films oder beim Autofahren ansprechen.
„Gut ist auch, wenn man vorher schon einmal das Terrain vorsichtig betritt“, erläutert Gerth. Das bedeutet: Wenn etwas auf der Seele liegt, dann kann man das Thema einmal vorher antesten, zum Beispiel beim gemeinsamen Spülen.
Doch wenn es dann konkret wird, sollte man sich Zeit nehmen. „Dann kommt die Ernsthaftigkeit rüber, und man wird als Jugendlicher nicht mit ein paar Floskeln abgefertigt“, erklärt Gerth. Also vereinbaren Kinder am besten einen richtigen Termin mit den Eltern. Und: „Man muss ein gutes Ambiente schaffen, in dem man sich wohlfühlt“, sagt Schömburg. Das kann beispielsweise ein langer Waldspaziergang sein, ein Eisbecher beim Lieblingsitaliener oder eine Fahrradtour.
Eine gute Strategie ist auch, Themen schon anzusprechen, bevor es ernst wird. Also beispielsweise über Verhütungsmittel zu reden, bevor man selbst die Pille braucht. „So kennt man dann schon die Reaktion der Eltern, wenn es mal soweit ist“, sagt Gerth.