Mit Struktur und ohne Stress: Tipps und Tricks zum Lernen
Gießen (dpa/tmn) - Montag Mathe, Mittwoch Erdkunde und am Freitag noch Latein: Mit dem Ausblick auf so eine Klausurenwoche graut es vielen Schülern. Jetzt heißt es Büffeln, um den Prüfungsmarathon zu bestehen.
Aber womit anfangen?
Wie wird der Stoff am cleversten bearbeitet? Stella Asch, Inhaberin des Instituts „Die Lernexperten“ in Gießen, empfiehlt ein sehr gezieltes und geplantes Vorgehen. Der erste Schritt: Sich einen Überblick über die erforderlichen Lerninhalte zu verschaffen. Was wurde in der letzten Klausur abgefragt? Welcher Stoff ist seitdem dazugekommen? „Bei jüngeren Kindern können Eltern mit in Fachbücher, Mappen und Hausaufgaben schauen und eine Liste der neuen Lerninhalte erstellen.“
Oft geben auch Lehrer konkrete Angaben zum erforderlichen Lerninhalt. „Ist das nicht der Fall, sollten Schüler aber ruhig nachfragen.“ Bei Lehrern, die Aussagen hierzu verweigern, müssten die Eltern das Gespräch suchen und kritisch nachfragen, rät Asch.
Sobald die Lernfelder bekannt sind, sollten diese in wohl dosierte Häppchen gepackt werden, sagt Birgit Ebbert, Lernbegleiterin aus Hagen. „Erstellen Sie gemeinsam mit dem Kind ein Timetable, auf dem genau vermerkt ist, welche Themen an welchen Tagen dran sind.“ Zwei Wochen im Voraus seien für die Vorbereitung in der Mittelstufe ideal, um eine Überforderung zu vermeiden. „So kann man jeden Tag rund eine Stunde Lernen einplanen und das Wochenende frei lassen.“
Pausen und Freizeit sind wichtig, um dem Gehirn Zeit für Erholung und Verarbeitung der neuen Lerninhalte zu geben. „Einen Tag vor der Klausur selbst sollte sich das Kind am besten gar nicht mehr mit dem Thema beschäftigen“, sagt Asch. Sie rät außerdem dazu, Lerninhalte möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Das heißt: besser nicht drei Tage hintereinander nur Lateinvokabeln pauken. Ihr Tipp: Beispielsweise eine Viertelstunde Vokabeltraining mit einer Portion Mathe oder Geschichte kombinieren. „Mit Abwechslung lernt es sich leichter.“
Das Gefühl, dass das anstehende Pensum fast erschlägt, ist ein wichtiger Hinweis auf Überforderung, sagt Asch. „Manche Eltern glauben, dass ihr Kind alles sofort können muss.“ Diese Annahme sei aber unrealistisch. Für den individuell richtigen Lernweg ist es sinnvoll, sich realistische Ziele zu setzen, und zu schauen, wo das Kind Punkte holen kann. Ein Deutschmuffel wird nicht plötzlich eine perfekte Inhaltsangabe schreiben, nennt Birgit Ebbert ein Beispiel: „Man kann aber versuchen, hier gezielt Schwerpunkte zu üben, zum Beispiel dem Kind beibringen, wie der Anfang einer Inhaltsangabe richtig formuliert wird.“
So wird die Deutscharbeit vielleicht wieder keine Zwei, aber der Schüler hat das Handwerkszeug bekommen, um Teilaufgaben richtig zu lösen und bekommt damit endlich eine Drei. „Das ist dann eine gute Motivation fürs nächste Mal.“
Jahreszahlen, Vokabeln, physikalische Gesetze - manche Lerninhalte sind so sperrig, dass sie einfach nicht in den Kopf wollen. Gunther Karsten ist Gedächtnissportler und Buchautor. Er hält die klassische Lernmethode, hinsetzen und auswendig lernen, für Unfug: „Die Schüler vergessen die Sachen schnell wieder, und langfristig bleibt nicht viel erhalten.“ Er empfiehlt Schülern, sich mit Techniken aus dem Gedächtnissport vertraut zu machen, etwa mit der Loci-Methode.
Grundlage ist eine Route aus verschiedenen Haltepunkten, beispielsweise vom Bett über den Flur zur Küche an den Frühstückstisch, ins Bad, zum Kleiderschrank und bis zum Schulbus. Diese wird dann im Geist mit Lerninhalten verknüpft, etwa mit Fachbegriffen oder Namen aus der Physik. Durch die Gravitationskraft wird das Bett an den Boden gesaugt, auf dem Flur versperrt eine „new ton“ (engl. für Neue Tonne) den Weg, als einprägsames Mentalbild für den berühmten Physiker Newton.
„Diese fantasievollen Geschichten verankern sich tief im Gedächtnis und erleichtern das dauerhafte Abspeichern enorm“, sagt Karsten, der noch weitere Strategien nennt: „Beim Vokabellernen hilft die Schlüsselwortmethode sehr.“ Hierbei werden Vokabeln mit anderen, ähnlich klingenden Wörtern verknüpft, die bei der Übersetzung helfen. Gedächtnissport sei inzwischen vielerorts erlernbar, etwa in Schul-AGs oder an Volkshochschulen. „Auch im Internet sind viele Lerntechniken frei nachzulesen.“
Manche Kinder lernen am besten, wenn sie den Stoff auf Karteikarten aufschreiben und immer wieder durchlesen. „Hier spricht man dann vom visuellen Lerntyp“, erklärt Birgit Ebbert. „Andere lernen am besten, wenn sie viel darüber sprechen, sie lernen dann eher auditiv.“ Stella Asch empfiehlt das mehrkanalige Lernen: „Zum Beispiel etwas aufschreiben und laut vorlesen.“
Besonders effektiv sind Lerngruppen, in denen sich die Schüler gegenseitig auf die Klausur vorbereiten. „Man lernt tatsächlich am besten, wenn man selbst auch lehrt“, erklärt Asch. Auch Eltern könnten diesen Effekt nutzen und sich von ihrem Kind einfach physikalische Gesetze und Matheformeln erklären lassen. „Um gemeinsam zu lernen, muss aber die Beziehung stimmen“, sagt Ebbert. „Wenn man sowieso nur Streit hat, macht es eher keinen Sinn.“ Zum Abfragen und Korrigieren sollten dann lieber ältere Geschwister oder Oma und Opa eingesetzt werden.