Nägelkauen: Erst beobachten, dann helfen
Die Angewohnheit hat oft eine konkrete Ursache. Ratschläge für Eltern.
Mainz. Nägelkauen ist besonders unter Kindern weit verbreitet. „Rund 10 Prozent aller Kinder und Jugendlichen knabbern“, sagt Klaus Fischer, Familientherapeut aus Schmallenberg.
Der Grundstein dazu wird oft im Kleinkind- oder Kindergartenalter gelegt, wenn die orale Fixierung noch sehr groß ist. Um Kinder davon zu entwöhnen, brauchen sie viel Unterstützung von ihren Eltern.
„In vielen Fällen ist das Nägelkauen eine harmlose Angewohnheit, die sich von alleine wieder legt“, erklärt Ulrich Gerth, Vorsitzender der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung in Mainz. Bevor Strategien zur Entwöhnung ausprobiert werden, sollten Eltern lieber das Verhalten des Kindes beobachten: Wie oft kaut es, in welchen Situationen?
Auch Karin Hauffe-Bojé, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie aus Bremen, empfiehlt Eltern, die Hintergründe herauszufinden: „Bei Kindern, die regelmäßig an den Nägeln kauen, kann das ein Hinweis auf eine innere Anspannung sein.
Irgendetwas stimmt nicht.“ Was das ist, müssten Eltern herausfinden: „Bei manchen Kindern steckt ein mangelndes Selbstbewusstsein dahinter“, sagt Klaus Fischer. Schulprobleme, Notenstress oder Mobbing können ebenfalls die Ursache sein.
Aufschlussreich kann auch das Gespräch mit Erziehern oder Lehrern sein. Wird deutlich, dass hinter dem Kauen Stress oder Belastungssituationen stecken, sollten Eltern mit dem Kind darüber sprechen, sagt Gerth. Wichtig bei der Entwöhnung ist die sanfte Unterstützung durch die Eltern: „Bitte keine Zwangsmaßnahmen, wie etwa Fernsehverbot oder Hausarrest. Das sorgt nur wieder für Stress“, warnt Fischer.
Lob und positive Bestärkung machen Mut und erhöhen die Erfolgsaussichten. Auch ein liebevoller Umgang mit den Fingern und Nägeln stärkt den Durchhaltewillen: „Pflegen Sie die Nägel Ihres Kindes mit einem Bad oder einer tollen Creme“, empfiehlt Gerth, „und freuen Sie sich über jeden neuen Millimeter Fingernagel.“