Schlechtes Zeugnis: Zunächst die guten Noten würdigen

Berlin (dpa/tmn) - In den kommenden Wochen gibt es in den Schulen Zeugnisse. Viele Schüler bringen es mit einem mulmigen Gefühl nach Hause. Neben der eigenen Enttäuschung ist es meist die erwartete Reaktion der Eltern, die Unbehagen auslöst.

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Eltern sollten aber verständnisvoll reagieren, rät Klaus Seifried, Leiter des Schulpsychologischen und inklusionspädagogischen Beratungszentrums im Berliner Bezirk Tempelhof-Schöneberg. „Erstmal sollte das Positive betont werden“, sagt er. Heißt: Die guten Noten sollten gewürdigt werden. „Das Selbstvertrauen von Kindern wächst durch Anerkennung.“

Schlechte Noten sollten deshalb nicht ignoriert werden. „Hier hilft aber kein Donnerwetter, sondern Ursachenforschung“, betont Seifried. Die Ursachen für schlechte Noten können vielfältig sein. Sie reichen von hohem Erwartungsdruck, fehlender Motivation, mangelhaftem Fleiß und Lernproblemen, über schlechten Unterricht und Konflikte mit den Lehrern bis zu Schlafmangel und falschen Umgang im Freundeskreis.

Gespräche mit dem Kind und auch mit seinen Lehrern können Hinweise über die Gründe geben. Manche Probleme sind für die Eltern kaum alleine zu lösen. „Wenn es wegen schulischer Probleme Konflikte und Streit in der Familie gibt oder man etwa bei Lernproblemen überfordert ist, sollte man sich beraten lassen und nicht scheuen, Hilfe in Anspruch zu nehmen“, schildert Seifried. Helfen können die Erziehungs- und Familienberatung oder der Schulpsychologe. Manchmal reicht auch ein Nachhilfelehrer für das Kind. Das sei kein Makel. „Das entlastet die Familie, und die Eltern können sich auf eine positive Beziehung zum Kind und gemeinsame Freizeitaktivitäten konzentrieren, die dem Nachwuchs Halt geben.“

Dennoch sind sie auch praktisch gefragt. Schwächelt der Nachwuchs in einzelnen Fächern, können Arbeitspläne helfen. Die müssen realistisch sein, betont Seifried. Wenn zum Beispiel Englisch ein Problem ist und das Fach Dienstag und Donnerstag ansteht, können Montag und Mittwoch für zehn Minuten Vokabeln geübt werden.

Ist das Kind in mehreren Fächern versetzungsgefährdet, kann es ebenfalls von Arbeitsplänen profitieren. Mit der Brechstange sollte man den Umschwung aber nicht forcieren. „Kleine bewältigbare Ziele, realistische Erwartungen und kleine Zeitperspektiven sind wichtig, um Erfolge zu erreichen“, erklärt Seifried.

Anstatt zu sagen „Jetzt machst du nichts außer Schule“ sei es die bessere Variante, ein nachvollziehbares Zeitfenster zu nennen. Etwa: „Bis Ostern arbeitest du jeden Tag eine halbe Stunde für die Schule.“ In dem Fall sollten Eltern auch in kleinen Schritten denken und nicht gleich die Endjahresnoten in den Blick fassen. Schritt für Schritt, lautet die Devise. Das heißt: Klausur für Klausur. Dort sind dann schon einzelne Verbesserungen zu würdigen. „Denn um Leistung zu bringen, braucht das Kind Erfolge.“ Und die beginnen im Kleinen.

Welche Maßnahmen man ergreift, hängt auch vom Alter des Kindes ab. Wichtig sei, dass Kinder und Jugendliche selbst die Verantwortung für ihre schulischen Leistungen übernehmen - und nicht die Eltern, betont Seifried. Denn Eltern können demnach beim Einteilen der Zeit und beim Motivieren helfen, aber lernen und arbeiten müssen die Schüler selbst - auch schon in der Grundschule. Das beginnt dort laut dem Experten damit, dass das Kind selbst die Hefter sortiert und die Schultasche für den nächsten Tag packen muss.