So werden alte Freundschaften gepflegt
Berlin (dpa/tmn) - Es ist wegen des Jobs oder der Liebe: Wer umzieht, lässt viele Freunde zurück. Den Kontakt aufrechtzuhalten, ist oft mühsam. Durch chatten, mailen oder telefonieren kann man einander zwar auf dem Laufenden halten.
Den Besuch ersetzen sie aber nicht.
Neun Jahre lang drücken sie gemeinsam die Schulbank, sind nahezu unzertrennlich. Dann geht der eine ins Ausland, der andere studiert in Deutschland. Es folgen berufliche Tätigkeiten in unterschiedlichen Städten, Familiengründungen, Trennungen. Über solche Zeiträume und Veränderungen verlieren sich manche Freunde aus den Augen. Diejenigen, die ihre Freundschaft lebendig halten wollen, müssen Energie, Gefühle und Zeit investieren.
„Man kann drei Freundschafts-Kategorien benennen, die schon Aristoteles unterschieden hat“, erklärt der Berliner Psychotherapeut Wolfgang Krüger. Bei Lust-Freundschaften stehe das gemeinsame Freizeit-Erleben im Vordergrund. Vitamin-B-Freundschaften seien Zweckgemeinschaften. Diese beiden Kategorien spielten nur in bestimmten Lebensphasen eine Rolle und vergingen dann. „Anders ist das bei Herzensfreundschaften mit Tiefgang. Wenn sie aktiv gepflegt werden, halten sie viele Jahre lang.“
Freunde aus dieser Kategorie lassen sich oft an einer Hand abzählen. „Wenn in Umfragen nach besten Freunden gefragt wird, lautet die Antwort null oder eins. Fragt man nach engen Freunden, werden maximal fünf genannt“, berichtet Horst Heidbrink, Sozialpsychologe an der Fernuniversität Hagen.
Sympathie, gemeinsame Interessen und Werte sind die Basis solcher Freundschaften. „Enge Freundschaften sind für unsere emotionale Stabilität, für unsere innere Sicherheit unglaublich wichtig“, sagt Psychotherapeut Krüger. Die Betroffenen wissen: Sie können sich immer felsenfest aufeinander verlassen, sind nie wirklich allein.
„Die wichtigste Voraussetzung für den Erhalt einer solchen Freundschaft ist die regelmäßige Kommunikation“, sagt Peter Wendl, Therapeut und Kommunikationstrainer an der Katholischen Universität Eichstätt. Über soziale Netzwerke oder eine eigene Homepage können Freunde beispielsweise immer mit Fotos, Urlaubsberichten und Jahreszusammenfassungen versorgt werden.
Doch einseitige Informationen reichen auf die Dauer nicht. „Darüber hinaus ist der direkte Kontakt, der Austausch notwendig“, sagt Heidbrink. Die einfachste Form des direkten Dialogs ist das Telefonat. So kann man sich über aktuelle wichtige Erlebnisse austauschen und ein Gefühl von Nähe schaffen, sowie Gemeinsamkeiten bestärken.
Keine Form der Kommunikation auf Distanz kann jedoch persönliche Treffen und gemeinsame Erlebnisse ersetzen. „Es sollte möglich sein, sich zweimal im Jahr zu sehen“, formuliert Krüger deshalb als Faustregel.
Direkte Begegnungen sind dann besonders wichtig, wenn sich im Leben des einen oder anderen wesentliche Veränderungen ergeben haben. Nur wer das neue Wohnumfeld oder den neuen Partner des Freundes kennt, kann an dieser Facette seines Lebens teilhaben.
Was in der Theorie einfach klingt, ist in der Praxis nicht immer zu leisten. „Vor allem durch veränderte familiäre Situationen wie die Geburt von Kindern ändern sich Interessen, aber auch die Zeit, die man zur Verfügung hat, um eine Freundschaft zu pflegen“, sagt Heidbrink.
Solche Entwicklungen sind nach Heidbrinks Einschätzung die häufigsten Gründe dafür, dass Freundschaften auseinandergehen, einschlafen oder lockerer werden. „Häufig erkennt man das lange nicht. Bei einem Wiedersehen nach längerer Zeit stellt man dann fest: Uns verbindet nichts mehr.“
Literatur:
- Wolfgang Krüger: Wie man Freunde fürs Leben gewinnt: Vom Glück einer besonderen Beziehung, Herder, 192 Seiten, 9,95 Euro, ISBN-13: 978-3451060854
- Peter Wendl: Gelingende Fern-Beziehung: Entfernt- zusammen - wachsen, Herder, 120 Seiten, 9,95 Euro, ISBN-13: 978-3451208966