Spielwarenhändler bauen aufs Weihnachtsgeschäft
Nürnberg (dpa) - Besinnlich ist die Vorweihnachtszeit wohl für die wenigsten Spielwarenhändler. Für sie sind die Wochen vor Heiligabend die turbulenteste Phase des Jahres - und die wichtigste.
Die Spielwarenhändler halten den Atem an. Haben sie den richtigen Riecher gehabt und die entscheidenden Produkte in ausreichender Zahl geordert? Oder stehen am Ende enttäuschte Kunden vor leeren Regalen? Kommt vielleicht noch ein Wintereinbruch hinzu, so dass sich die Geschenke-Käufer hinter dem warmen Ofen verschanzen? Bereits ein einziger richtig mieser Verkaufstag kurz vor Heiligabend kann die Branche einen kompletten Prozentpunkt beim Jahresumsatz kosten.
Aktuell rechnen der Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels (BVS) sowie der Deutsche Verband der Spielwaren-Industrie (DVSI) mit einem Wachstum von ein bis zwei Prozent auf rund 2,7 Milliarden Euro. Doch die stets im November abgegebene Prognose ist wackelig, wie das vergangene Jahr gezeigt hat: Statt des erwarteten Zuwachses von drei Prozent und dem fünften Rekord in Folge gab es am Ende ein minimales Minus.
Denn 40 Prozent der Erlöse machen die Spielzeughändler in den letzten zwei Monaten des Jahres. Wenn dann beispielsweise ausgerechnet der Top-Seller nicht verfügbar ist, schmerzt das sehr. Selbst erfahrenen Händlern passiere das immer wieder, berichtet der BVS-Vorsitzende Wieland Sulzer, der selbst ein Geschäft in Marburg betreibt. Immer wieder lägen Produkte monatelang unbeachtet in den Regalen, um dann innerhalb kürzester Zeit populär zu werden.
Mit Blick auf Weihnachten beruhigt BVS-Geschäftsführer Willy Fischel: „Die generelle Lieferfähigkeit ist gegeben.“ Zugleich schiebt er jedoch hinterher: „Andererseits sind einzelne Produkte auch heute schon schwer zu bekommen.“ Plüsch, Babypuppen, Themenwelten mit Action-Elementen sowie Lern- und Spiel-Tablets sind nach Angaben von Marktforschern derzeit bei den Kindern hoch im Kurs. Und deren Quengeln wird in der Regel erhört: Fast vier Fünftel aller Geschenke auf dem Gabentisch haben sich die Kleinen zuvor explizit gewünscht.
„In Deutschland sind die Ausgaben pro Kind seit 2008 um 30 Prozent auf inzwischen 269 Euro gestiegen“, erläutert Joachim Stempfle vom Marktforschungsunternehmen npdgroup.
Dabei ist die Auswahl immens - und wechselt beständig. Etwa die Hälfte aller Spielsachen ist keine zwei Jahre in den Regalen zu finden. Nur zehn Prozent überleben länger als zehn Jahre und werden dadurch zu sogenannten Klassikern.
Doch selbst die erscheinen häufig im neuen Gewand, greifen die aktuellen Trends auf. In den vergangenen Jahren war dies vor allem der Einzug der Elektronik - viele traditionelle Spielsachen erhielten beispielsweise Licht- und Soundeffekte. Außerdem traten Smartphones und Tablets auch in der Spielwarenwelt ihren Siegeszug an, viele Spiele sind inzwischen mit Apps verknüpft.
„Spielsachen werden intelligenter, komfortabler, individueller. Spielsachen werden aber auch kleiner, weil die Technik kleiner wird“, schildert BVS-Experte Steffen Kahnt. Die meisten Produkte kommen noch immer aus China, auch wenn deren Anteil innerhalb weniger Jahre von rund 80 auf 58 Prozent gesunken ist. Die Produktion verlagere sich in andere fernöstliche Länder, erläutert DVSI-Geschäftsführer Ulrich Brobeil. Ein Teil komme aber auch zurück nach (Ost-)Europa.
Verkauft werden die Spielsachen hierzulande noch immer am häufigsten in Fachgeschäften, wo 37 Prozent aller Umsätze erwirtschaftet werden. 28 Prozent kommen aus dem Internetverkauf - wobei fast jeder stationäre Händler inzwischen auch online vertreibt, um Amazon & Co. Paroli bieten zu können. Auch in anderen Belangen gingen die Händler mit der Zeit, betont BVS-Chef Fischel. So richteten die Geschäfte Teddytreffs, Puzzle-Workshops, Männerabende und Kindergeburtstage aus.