Ungewollte Ménage à trois: Angemacht vom Partner der Freundin
Hamburg (dpa/tmn) - Ein Mann macht einer Frau Avancen. Sie will nichts von ihm wissen. Das Problem: Er ist der Partner ihrer Freundin. Wer die Freundschaft retten will, darf keine Heimlichkeiten zulassen.
Gute Freundinnen teilen vieles, nicht jedoch den Mann. Zeigt der allerdings Interesse an der Freundin seiner Partnerin, ist nicht nur die Paarbeziehung, sondern auch die Freundschaft der beiden Frauen in Gefahr — selbst wenn dieses Interesse nicht auf Gegenseitigkeit beruht.
Am Anfang ist es vielleicht nur ein vergleichsweise harmloses Kompliment. Dennoch bringt schon solch eine Schmeichelei viele Frauen in eine moralische Zwickmühle. Um Missverständnisse gar nicht erst aufkommen zu lassen, sei es wichtig, klar zu kommunizieren: „Fragen Sie deutlich nach, wie er seine Äußerung gemeint hat und ob Sie ihn richtig verstanden haben“, rät Holger Lendt, Diplom-Psychologe und Buchautor in Hamburg. Wenn er die Anmache bestreite, sei es fast egal, ob das die Wahrheit oder eine Lüge sei: „Betonen Sie, wie froh Sie sind, denn Sie könnten sich niemals vorstellen, mehr zu sein als Freunde.“ So wahren beide ihr Gesicht, und die Situation ist geklärt.
Bleibt der Mann hingegen bei seinen Avancen, sollte die Frau geradeheraus erklären, dass mit ihr nichts laufe. Sie kann sich durchaus für das Kompliment bedanken, muss aber zugleich eindeutig und klar abblocken. „Männer verstehen oft nicht, was Frauen ihnen sagen wollen, weil Frauen sich viel zu umständlich und zu höflich ausdrücken“, sagt Lendt. Frauen, die unfreiwillig zum Objekt der Begierde werden, empfiehlt er: „Erklären Sie ihm unmissverständlich, dass er keine Chance bei Ihnen hat, und vergewissern Sie sich, dass er das genau so verstanden hat.“
Auch der Kölner Psychotherapeut Werner van Haren plädiert für klare Ansagen: Wer sich angemacht fühlt, aber kein Interesse an einer Affäre oder einer Beziehung hat, müsse das dem Mann deutlich sagen. „Die Devise heißt eindeutig und klar abgrenzen“, sagt van Haren. Höfliche Zurückhaltung ist in einer solchen Situation also fehl am Platz.
Offenheit ist im übrigen auch gegenüber der Freundin angebracht: „Geheimnisse belasten jede Art von Beziehung“, sagt van Haren. „Dann sind am Ende alle unglücklich, weil man sich nicht mehr offen in die Augen schauen kann.“ Insofern sei ein Gespräch mit der Freundin um der Freundschaft willen empfehlenswert. „Es geht nicht um eine Anklage, sondern um Ehrlichkeit und Vertrauen.“
Wer der Freundin verschweigt, dass ihr Partner zweigleisig unterwegs ist, tut ihr keinen Gefallen. Im Gegenteil: Das wäre falsch verstandene Rücksichtnahme, meint Helga Kramer-Niederhauser, Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen der Diözese Augsburg. „Warum hat mir das keiner gesagt?“ oder „Dafür hat man doch eigentlich eine Freundin...“ — das sind Sätze, die die Diplom-Psychologin immer wieder von betrogenen Frauen hört.
Offenheit hat nichts mit Einmischung zu tun. „Wer Angst hat, als Zerstörer der Beziehung dazustehen, dem sei gesagt: Man kann eine Beziehung, die bereits kaputt ist, nicht mehr kaputt machen“, betont Kramer-Niederhauser. Vielmehr komme es im Verhältnis zur Freundin auf Verbindlichkeit, Verlässlichkeit und Vertrauen an, erklärt Paartherapeut Lendt. „All das wird durch Heimlichtuerei aufs Spiel gesetzt.“
Ehrlich sein, Klartext reden — das hört sich einfacher an, als es ist. Denn gerade bei einem so emotionalen Thema wie Freundschaft oder Partnerschaft kommt es auf das Wie an. Das klärende Gespräch unter Freundinnen kann laut Kramer-Niederhauser etwa mit den Worten beginnen: „Ich muss dir was sagen. Das ist nicht leicht für mich und vielleicht verletzt es dich ...“
Wer seinen Standpunkt auf diese Weise mit allen Beteiligten geklärt hat, kann deutlich entspannter mir der Situation umgehen. Es ist dann nicht nötig, krampfhaft Distanz zu wahren und sich womöglich immer neue Ausreden auszudenken, um peinliche Begegnungen zu vermeiden.
Wer sich mit dem Partner der Freundin gut versteht, kann sich mit ihm durchaus zum Kaffeetrinken oder fürs Kino verabreden — vorausgesetzt, die Freundin ist damit einverstanden. „Wenn sie es harmlos findet, ist gegen eine solche Verabredung nichts einzuwenden“, findet Kramer-Niederhauser. „Hat sie Vorbehalte, sollte man es lieber bleiben lassen.“
Heimliche Treffen sind in jedem Fall tabu. Denn: „Durch ein Geheimnis ist man in gewisser Weise erpressbar, und in diese Position sollte sich niemand begeben“, sagt Lendt. Und Kramer-Niederhauser weist noch auf einen anderen unerwünschten Effekt hin: „Eine Verabredung hinter dem Rücken der Freundin könnte vom Mann als falsches Signal verstanden werden: Vielleicht geht da ja doch was?“