Zwischen Supermama und Überforderung - Mütter und ihre Ängste

Karlsruhe (dpa/tmn) - „Bin ich eine gute Mutter?“ Frauen, die gerade erst ein Kind bekommen haben, sind oft verunsichert. Sie haben Angst, etwas falsch zu machen. Sprüche von anderen sollte man besser ignorieren, es läuft nämlich bei anderen auch nie alles rund.

Foto: dpa

Die anderen machen immer alles richtig. Sie wissen auch alles. Vor allem besser. Frauen, die zum ersten Mal Mutter werden, plagen sich oft mit Selbstzweifeln. Und die haben verschiedene Ursachen. Los geht es schon bei der frohen Botschaft, ein Kind zu erwarten. „Den Frauen wird vermittelt, dass Schwangerschaft und Geburt die gefährlichste Zeit im Leben einer Frau sei und man alle möglichen Untersuchungen machen muss“, erklärt Katharina Kerlen-Petri vom Deutschen Hebammenverband in Karlsruhe.

Auch die frischgebackenen Mütter möchten sich sicher fühlen und nichts dem Zufall überlassen. Das Kind schreit ständig oder hat einen roten Fleck auf der Haut? Prompt forscht man im Internet und liest, dass es Symptome einer schlimmen Krankheit sein könnten.

Man möchte alles richtig machen. „Dieser Wahnsinnsdruck, der heute vorherrscht, ist symptomatisch für unsere Zeit und hat natürlich damit zu tun, dass wir in einer Leistungsgesellschaft leben, in der ein perfektes Mütterideal vorherrscht, das überall propagiert wird“, erklärt Corinna Knauff, Erziehungsexpertin und Autorin.

Dieses Ideal läuft einem als Kollegin oder Bekannte aus der Kita ständig über den Weg. Alles läuft bei ihnen super, das Kind spricht schon erste Sätze, wenn das eigene gerade ein „Mama“ stammelt. „Wir Menschen neigen dazu, andauernd zu vergleichen und zu bewerten“, erklärt Knauff. Es gehe aber darum, sich selbst zu vertrauen und das Leben unabhängig vom Urteil der Mitmenschen zu leben.

Kluge Sprüche, ungebetene Meinungen, das Idealbild der stets perfekten Mutter - all das erzeugt einen riesigen Druck, der den eigenen Perfektionsanspruch noch verschlimmert. Schritt eins: Mütter sollten ihre Ansprüche an sich selbst herunterschrauben.

Das Leben verändert sich durch ein Kind um 180 Grad. „Man muss erst einmal lernen, mit der neuen Lebenssituation umzugehen“, sagt Holger Simonszent vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen in Berlin. „Es ist wichtig, sich immer wieder bewusst zu machen, dass man Fehler machen darf.“

Das Miteinander wächst langsam, und daher sind die ersten Wochen nach der Geburt so wichtig. „Viele junge Eltern tun so, als sei nichts gewesen, und das alte Leben gehe jetzt eben mit Kind weiter“, so Kerlen-Petri. Dabei seien gerade die ersten acht Wochen - das gute, alte Wochenbett - wichtig, um in dem neuen Leben anzukommen.

Auf jeden Fall sollte man sich gleichgesinnte Mütter suchen, denn Sätze wie „Bei uns läuft alles toll!“ der angeblich perfekten Mütter sind oft nur Show. „Es spielt überhaupt keine Rolle, ob eine Mutter berufstätig ist oder nicht, zwei Monate stillt oder zwei Jahre, ob sie einen Designer-Buggy hat oder ihr Baby im Tragetuch trägt“, ermutigt Knauff. „Eine gute Mutter ist eine Frau, die im Großen und Ganzen mit sich im Einklang ist, die sich selbst die kleinen und großen Fehler und Sünden vergeben kann und Spaß am Leben mit ihren Kindern hat.“

Literatur:

Corinna Knauff: „Ich bin eine gute Mutter!“ Warum es Ihrem Kind bessergeht, wenn Sie nicht immer perfekt sind. Campus Verlag, 227 Seiten, 17,90 Euro, ISBN-13: 978-3-593-38794-9