Analyse: Das Erben von Häusern könnte teuer werden

Dürfen Erben von Immobilien bevorzugt werden? Karlsruhe fällt morgen sein lange erwartetes Urteil über die Erbschaftssteuer.

Düsseldorf. Ein einfacher Fall: Der Vater stirbt und hinterlässt seinem Sohn als einziges Vermögen ein Haus im Verkehrswert von 250 000 Euro. Kann sich der Sohn in all seiner Trauer nun wenigstens über das Erbe freuen oder muss er einen Teil davon in Form von Erbschaftssteuer herausrücken?

Bisher ist die Antwort so: Der Sohn hat bei der Erbschaftssteuer einen Freibetrag von 205 000 Euro. Und weil Immobilien bei der Berechnung dieser Steuer nicht mit dem vollen Verkehrswert zu Buche schlagen, sondern nach dem Ertragswertverfahren mit 50 bis 60 Prozent, müsste der Sohn sein Erbe nicht mit dem Fiskus teilen. Doch diese Antwort könnte schon morgen nicht mehr richtig sein. Dann verkündet nämlich das Bundesverfassungsgericht sein seit Jahren erwartetes Urteil zur Erbschaftssteuer.

Die Kernfrage: Ist es gerecht, wenn Erben von Immobilien im Vergleich zu Erben sonstiger Vermögenswerte - Sach-, Bar- oder auch Aktienvermögen - bevorzugt werden? Denn Letztere müssen ihr Erbe zu 100 Prozent versteuern. Hätte also in dem Beispielfall der verstorbene Vater kein Haus, sondern ein Barvermögen von 250 000 Euro gehabt, so müsste der Sohn die seinen Freibetrag übersteigende Summe versteuern - in diesem Fall 45 000 Euro. Als Sohn gehört er zur Steuerklasse 1: Er müsste sieben Prozent von 45 000 Euro abführen: 3150 Euro.

Erbrechtsexperten haben schon lange davor gewarnt, dass es bei dieser Bevorzugung von Immobilien-Erben nicht bleiben wird. Bisher bestand eine legale Möglichkeit, dem Fiskus ein Schnippchen zu schlagen: Um seinen Erben die Erbschaftssteuer zu ersparen, hat manch ein Erblasser das Haus schon zu Lebzeiten auf seine Erben übertragen. Zwar wird auch in diesem Fall eine Schenkungssteuer in gleicher Höhe wie beim Erbe fällig. Doch es gelten auch die gleichen hohen Freibeträge. Und was man geschenkt bekommt, muss man später ja nicht mehr - zu einem bald vielleicht höheren Steuersatz - erben.

Ob dieser Ausweg erhalten bleibt, hängt auch davon ab, ob Karlsruhe vielleicht Übergangsfristen für die stärkere Belastung von Immobilienerben einräumt.

Nicht nur der Steuerzahler erwartet das Urteil mit Spannung. Interessant ist es auch für die Politik. Die Länder, in deren Haushalte die Erbschaftssteuer fließt, würden sich über jede zusätzliche Einnahme freuen. Zumal ihnen ja von anderer Seite bei den Erbschaftssteuereinnahmen Einbußen drohen. Denn es ist gesetzlich geplant, Erben von Betrieben von der Erbschaftssteuer freizustellen, wenn der Betrieb über zehn Jahre unverändert fortgeführt wird und auf diese Weise Arbeitsplätze gesichert werden. Wenn aber den Ländern an dieser Stelle Einnahmen wegbrechen, werden sie höhere Geldzuflüsse im Rahmen von Immobilienerbschaften benötigen.

Solche Argumente spielen für die Verfassungsrichter keine Rolle. Entscheidend für ihr Urteil ist die Frage: Widerspricht es dem Gleichheitssatz, wenn Erben von Immobilienvermögen gegenüber Erben von anderen Vermögenswerten privilegiert werden?