Das Geschäft mit dem Duft
Berlin (dpa) - Wie regt man Kunden zum Kauf an? Neben Musik und Licht setzen Unternehmen verstärkt auf Düfte, denn die können den Umsatz um einige Prozentpunkte nach oben treiben.
Die Umgebung kann noch so schön sein, doch der Mensch meidet sie, wenn die Nase ihm signalisiert: Hier stinkt es. Umgekehrt verweilt man in der Natur, aber auch in Städten länger an Orten mit frischer Luft oder angenehmen Aromen. Diesen Umstand machen sich Firmen zunutze, die verstärkt auf Duftmarketing setzen. Das Prinzip: Schaffe eine wohlriechende Wohlfühlatmosphäre, dann ist der Kunde eher zum Konsum bereit.
Die aggressivste Variante verfolgt dabei wohl die US-Modefirma Abercrombie & Fitch, die ihre Läden intensiv mit einem Zitrus-Moschus-Gemisch namens Fierce einnebelt, das bis auf den Gehweg vordringt. Das hat schon zu Protesten von Anwohnern in München und Hamburg geführt.
Das Konzept von Abercrombie, zu dem auch laute Musik und sparsame Beleuchtung gehört, hält Robert Müller-Grünow dennoch für gelungen. Der 45-Jährige beschäftigt sich seit 16 Jahren mit Duftmarketing. Seine Firma Scentcommunication in Köln setzt auf einen anderen Ansatz. Es gehe ihm darum, die Umgebungsluft in Räumen dezent und behutsam positiv zu verändern.
„Irgendein Duft ist sowieso immer da“, erklärt Müller-Grünow. Davon ausgehend erstellt er zusammen mit seinem Auftraggeber ein individuelles Duftprofil, das zur Einrichtung, den Produkten und auch zur Region passt. So kreierte das Unternehmen schon Aromamixturen für Hotels, Modegeschäfte, Museen, eine Druckerei und Werbeaktionen in Kinos. Die Duftstoffe kommen aus kleinen Kartuschen, in größere Räume werden sie mit der Klimaanlage geblasen.
Müller-Grünow ist vorsichtig, wenn er nach dem messbaren Erfolg der Raumbeduftung gefragt wird: „Sie ist ja nur eines von mehreren Gestaltungsmitteln, eingebunden in ein Gesamtkonzept.“ Die Marketingforscherin Anja Stöhr von der Dresdner Hochschule für Technik und Wirtschaft hat in einer Studie über „Air-Design als Erfolgsfaktor im Handel“ herausgefunden, dass Kunden in bedufteten Verkaufsräumen deutlich länger blieben und häufiger bereit waren, sich beraten zu lassen. Die Umsätze stiegen bei den Tests um bis zu sechs Prozent.
Jenseits des direkten Verkaufserfolgs hoffen Einzelhändler und Dienstleister darauf, langfristig die Kundenbindung zu erhöhen oder ein besseres Markenimage zu schaffen. So arbeitet Müller-Grünow daran, für alle Typen einer Automarke den gleichen, unverwechselbaren Innenraum-Geruch herzustellen. Die Duftstoffe sollen dabei in Materialien der Innenausstattung gespeichert und fein dosiert abgegeben werden.
Die Deutsche Bahn testete in Zusammenarbeit mit der Münchner Universität im vergangen Jahr auf einer Strecke im Allgäu die Wirkung von Düften auf das Wohlbefinden ihrer Fahrgäste. Bei dem dreimonatigen Versuch in der Kneipp-Lechfeld-Bahn wurde einer von zwei Wagen aromatisiert, der andere nicht. Die Bahn wählte eine Essenz mit Noten von Jasmin, Veilchen, Rosenholz und Moschus, denen beruhigende Eigenschaften zugeschrieben werden. Die Fahrgäste in beiden Wagen wurden befragt.
Die Details der Studie werden erst im Herbst in einer Dissertation veröffentlicht. Doch der Trend ist schon klar, wie die Münchner Doktorandin Anna Girard im WDR-Magazin „Quarks & Co“ verriet: Das Reiseerlebnis, die Qualität, das Preis-Leistung-Verhältnis und die Marke Bahn wurden von den bedufteten Fahrgästen besser bewertet als von den unbedufteten. Noch hat die Bahn nicht entschieden, ob sie die Wagen-Aromatisierung in größerem Stil einführt. Der Marketingleiter von DB Regio Bayern, Bernd Rosenbusch, ist optimistisch: „Wir wollen es auf jeden Fall einsetzen, wenn wir rausfinden, dass wir mehr Fahrkarten verkaufen durch die Beduftung als in Zügen ohne Beduftung“, sagte er dem Magazin.