Dienstreisen in Flipflops? Das Hick-Hack um die Bettensteuern

Berlin (dpa) - Die Deutschen verreisen immer häufiger im eigenen Land, viele Städte erleben einen Touristenansturm. Daran wollen die Kämmerer verdienen. Doch das letzte Wort über die Bettensteuer ist noch nicht gesprochen.

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Möglich, dass Berlin und andere Städte in diesem Jahr mehr Geschäftsreisende begrüßen als sonst. Das wäre aber nicht nur der guten Wirtschaftslage zu verdanken - nein: Zu bestaunen wäre eine neue Form der Steuerhinterziehung.

Denn Touristen müssen inzwischen vielerorts eine Steuer auf Hotelübernachtungen bezahlen, Geschäftsreisende nicht. Und ob ein Gast seine Urlaubsfahrt an der Rezeption trotz Hawaiihemd und Flipflops als Dienstreise ausgegeben hat, ist für die Finanzämter später nur mühsam nachzuprüfen.

Ob die Bezeichnung nun Übernachtungssteuer, Kultur- oder Naturförderabgabe ist: Immer mehr Städte wollen am boomenden Städtetourismus mitverdienen und so ihre Kassen etwas füllen.

Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) zum Beispiel lässt seit Januar fünf Prozent auf die Hotelrechnung aufschlagen. Touristen sollen mit der City Tax einen kleinen Beitrag leisten, dass die Hauptstadt attraktiv bleiben, sagt Nußbaum. Er rechnet mit jährlich 25 Millionen Euro für die hoch verschuldete Stadt.

Rainer Bangert will sich das nicht bieten lassen. Der Chef des Hotels The Westin Grand an der vornehmen Friedrichstraße klagt gegen die Steuer. „Berlin sollte den Tourismusstandort fördern und nicht durch zusätzliche Abgaben wie die Bettensteuer bremsen“, warnt Bangert. Der Schuss könne nach hinten losgehen.

Die Steuer abzuwickeln koste ihn eine zusätzliche Kraft in der Verwaltung, kritisiert der Hotelchef. Außerdem hätten es die Kollegen an der Rezeption schwer, dem einen Gast zu erklären, dass er fünf Prozent mehr bezahlen müsse als der andere neben ihm. Hinzu kommen Datenschutzbedenken.

Dem Hauptstadt-Tourismus hat die neue Steuer jedoch - zumindest mit Blick auf die Zahlen - nicht geschadet. Von Januar bis Juni kamen laut Statistikamt 3,5 Millionen Gäste, ein Plus von 4,2 Prozent.

Denn die Deutschen verreisen so viel wie nie. Die Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen zählte im vergangenen Jahr allein 76 Millionen Kurzreisen von zwei bis vier Tagen - von diesen führen viele in die Städte. Zugleich wächst der Strom ausländischer Besucher.

Allein in Berlin hat sich die Übernachtungszahl in zehn Jahren verdoppelt, auch andere Städte wie Hamburg und München legten kräftig zu. Doch egal, wohin sich Touristen in Deutschland wenden: In allen Landesteilen gibt es inzwischen Städte, die sie zur Kasse bitten, von Hamburg über Weimar und Köln bis Freiburg. Potsdam zieht im Oktober nach. Auch andere europäische Touristenmagnete wie Paris, Rom und Barcelona erheben Bettensteuern.

Inzwischen sind Scharen von Anwälten an den Finanzgerichten unterwegs, um die Steuern zu Fall zu bringen. „Der Hotelverband wird sich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln juristisch gegen diese politische Wegelagerei weiter zur Wehr setzen“, droht der Vorsitzende des Hotelverbands Deutschland, Fritz Dreesen.

Die Branche argwöhnt, dass die Kommunen ihr das Geld wieder wegnehmen, das ihr der Bund durch die Mehrwertsteuersenkung für Hotels erlassen hat. Deshalb betont der Hotel- und Gaststättenverband auch immer, dass die Hoteliers das gesparte Geld in neue Bäder, Küchen und Technik stecken anstatt damit ihr Gewinnpolster zu füllen.

Ein durchschlagender juristischer Erfolg gegen die neuen Steuern steht aber aus. Weil die Verordnungen lokal unterschiedlich ausgestaltet sind, gab es Gerichte, die sie kippten und andere, die sie bestätigten.

2012 hatte das Bundesverwaltungsgericht pauschale Bettensteuern in Bingen und Trier zu Fall gebracht und gefordert, private und berufsbedingte Übernachtungen zu trennen. Dem folgt die Berliner Regelung.

Bestätigt wurden dagegen von Finanzgerichten die Bettensteuern in Hamburg und Bremen. Dort wird der Bundesfinanzhof das letzte Wort haben, einen Termin gibt es nach Angaben eines Sprechers vermutlich erst im nächsten Jahr. Das gilt auch für die Berliner Klage am Finanzgericht Berlin-Brandenburg. Die Touristen werden also erstmal weiter zahlen müssen.