Einspruch gegen den Steuerbescheid: So geht's
Berlin (dpa/tmn) - Das Steuerrecht ist kompliziert. Immer wieder beschäftigen umstrittene Fragen die Finanzgerichte. An solche Verfahren kann sich jeder Einsteuerzahler „dranhängen“. Dazu muss er nur Einspruch gegen den Steuerbescheid einlegen.
Finanzbeamte liegen nicht immer richtig. Nicht selten kommt es vor, dass im Steuerbescheid etwa Werbungskosten nicht anerkannt werden oder die Ausgaben für die Kinderbetreuung unberücksichtigt blieben. „In solchen Fällen kann man Einspruch einlegen“, erklärt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine in Berlin. Wird der Einspruch anerkannt, müssen in der Regel weniger Steuern gezahlt werden.
Aber auch wenn ein im Prinzip gut begründeter Einspruch abgelehnt wird, muss niemand den Kopf in den Sand stecken. „Man kann schauen, ob zu diesem Punkt eine Klage bei einem Finanzgericht anhängig ist“, sagt Rauhöft. Wer sich an ein solches Verfahren „dranhängt“, hat gute Aussichten, von einer positiven Entscheidung ebenfalls zu profitieren. „Man muss dabei die Gerichte nicht mal selber bemühen.“
Die Liste der Klagen ist lang. Allein beim Bundesfinanzhof in München sind laut der Stiftung Warentest derzeit mehr als 2000 Verfahren anhängig. In der Zeitschrift „Finanztest“ listen die Experten eine Reihe von Musterverfahren auf. Die Bandbreite der Themen reicht dabei von Freibeträgen für Alleinerziehende über Kosten für das Arbeitszimmer bis hin zu der Frage, ob Zinsen vom Finanzamt Kapitaleinkünfte sind.
Ein Überblick über einige Verfahren:
Erststudienkosten: In diesem vom Bund der Steuerzahler in Berlin unterstützen Fall sollen die obersten Steuerrichter klären, ob Kosten für ein Erststudium als vorweggenommene Werbungskosten bei der Steuer geltend gemacht werden können. Damit könnten etwa Kosten für Bücher, Studien- oder Prüfungsgebühren festgestellt und beim Berufseinstieg gegengerechnet werden. Das Verfahren ist beim Bundesfinanzhof anhängig (Aktenzeichen: VI R 15/11). Betroffene Studenten sollten auf jeden Fall bereits jetzt Belege, Studienquittungen und sonstige Nachweise über die Kosten für das Studium aufbewahren, rät Isabell Klocke vom Bund der Steuerzahler in Berlin.
Abgeltungssteuer: Seit Einführung der Abgeltungsteuer können Werbungskosten, die im Zusammenhang mit Kapitalanlagen entstehen, nicht mehr gesondert geltend gemacht werden. Vielmehr werden die Werbungskosten mit dem Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro pro Jahr und Person, bei zusammenveranlagten Ehepaaren 1602 Euro, pauschal abgegolten. Ob diese Regelung zulässig ist, lässt ebenfalls der Bund der Steuerzahler gerichtlich überprüfen. Das Verfahren ist beim Finanzgericht Münster (Aktenzeichen: 6 K 607/11 F) anhängig.
Rückwirkende Steuererklärung: Sind Steuerzahler verpflichtet, eine Steuererklärung abzugeben, können sie das bis zu sieben Jahre rückwirkend tun. Bei Steuerzahlern, die ihre Einkommensteuererklärung freiwillig abgeben, gelten andere Fristen: Sie dürfen nur vier Jahre rückwirkend eine Erklärung abgeben. Das ist ungerecht, findet die Vereinigte Lohnsteuerhilfe - und klagt daher vor dem Bundesfinanzhof (Aktenzeichen: VI R 77/10, VI R 33/10).
Kinderbetreuungskosten: Betreuungskosten für den Nachwuchs berufstätiger Eltern können nur zu zwei Dritteln bei der Steuer geltend gemacht werden. „Sonst gibt es allerdings bei Werbungskosten keine Einschränkungen“, sagt Rauhöft. Das heißt, sie können voll geltend gemacht werden. Vor dem Bundesfinanzhof läuft daher ein Verfahren, dass sich gegen diese Ungleichbehandlung wendet, ebenfalls unterstützt von der Vereinigten Lohnsteuerhilfe (Aktenzeichen: VI R 67/09).
Steuerzahler dürfen sich dabei aber nicht darauf verlassen, dass sie das Finanzamt von sich aus auf bestimmte Fälle aufmerksam macht. „Darum muss sich jeder selber kümmern“, sagt Rauhöft. Am besten sei der Blick ins Internet. Auf den Seiten des Bundesfinanzhofs etwa können bestimmte Stichwörter wie etwa „Arbeitszimmer“ eingegeben werden. In der Datenbank finden sich dann die dazu anhängigen Verfahren.
Wichtig sei dann, sich schriftlich erneut an das Finanzamt zu wenden. „Ich muss dann Einspruch einlegen“, sagt Rauhöft. Dabei sollte der Sachverhalt begründet und auf das entsprechende Verfahren verwiesen werden. „Das Aktenzeichen sollte dabei auch angegeben werden.“ Zugleich sollten Steuerzahler beantragen, dass die Bearbeitung der betreffenden Steuererklärung ruhen sollte, bis die Frage entschieden wurde.
Das Finanzamt reagiert auf solche Einsprüche oft mit einem Brief. Darin wird meist noch einmal die Sicht der Behörde dargestellt. „Dahinter steckt aber keine böse Absicht“, sagt Rauhöft. Ein solches Schreiben gehöre vielmehr zu dem formalen Verfahren dazu. „In der Regel reicht ein kurzes Schreiben, in dem man erklärt, dass man bei seinem Einspruch bleibt.“ Dann allerdings ist oft Geduld gefragt, denn bis eine Frage abschließend geklärt ist, können unter Umständen mehrere Jahre vergehen.