Entschädigung vom Staat für Folgen von Gewalttaten

Mainz (dpa/tmn) - Opfer einer Straftat zu sein, hat viele Folgen. Welche genau, lässt sich nicht immer mit Gewissheit sagen. Daher muss der Staat bei einer psychischen Störung helfen, auch wenn ein Zusammenhang nicht eindeutig nachgewiesen werden kann.

Opfer von Gewalttaten haben Anspruch auf finanzielle Unterstützung vom Staat. Das gilt etwa, wenn sie als Folge der Tat krank werden. Dabei reicht es aus, wenn die Krankheit in engem Anschluss an den belastenden Vorgang ausgebrochen ist. Das ergibt sich aus einer Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz (Az.: L 4 VG 11/11). Darauf macht die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins aufmerksam.

Der Fall: Eine Frau war im Alter zwischen 8 und 14 Jahren mehrfach von einem Onkel, einem Großvater und einem Nachbarn sexuell missbraucht worden. Dadurch entstanden eine posttraumatische Belastungsstörung und weitere Erkrankungen. Diese verstärkten sich beim Tod des Vaters und der späteren Trennung von ihrem Ehemann. Zudem durchlebte die Frau belastende Erfahrungen mit einer Sekte. Das beklagte Land Rheinland-Pfalz sah keinen Zusammenhang zwischen Erkrankung und den Missbräuchen. Es ging davon aus, dass es sich bei den späteren Ereignissen um sogenannte schädigungsunabhängige Nachschäden handele, die einen eigenständigen Anteil an der bestehenden Krankheit hätten.

Das Urteil: Die Richter waren anderer Meinung und entschieden, dass die Frau eine entsprechende Versorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz zu erhalten habe. Bestehen bei Opfern von Straftaten Zweifel, ob schon vor der Gewalttat Krankheitsanzeichen bestanden hätten („Vorschäden“) oder ob andere Ursachen die Krankheit herbeigeführt hätten, so dürfe dies nicht zulasten der Opfer gehen. Für einen Anspruch auf Versorgung genüge es, dass die Krankheit in engem Anschluss an den belastenden Vorgang ausgebrochen sei.