Erbfolge und Pflichtteil — Wer bekommt was vom Nachlass?

Berlin (dpa/tmn) — Auch ohne Testament gibt es für das Erbe Regeln. Die Stichworte heißen gesetzliche Erbfolge und Pflichtteil. Das Wichtigste in Fragen und Antworten:

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Was heißt gesetzliche Erbfolge?

Sie heißt so, weil sie im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert ist und sie greift, wenn jemand kein Testament gemacht hat. Für diesen Fall regelt das BGB, wer Anspruch auf das Erbe hat und wie der Nachlass aufgeteilt wird. Darüber hinaus steht in Paragraf 1922, dass mehrere gesetzliche Erben eine Erbengemeinschaft bilden und die Erben neben dem Vermögen auch die Schulden des Verstorbenen übernehmen müssen.

Wer profitiert von der gesetzlichen Erbfolge?

Die nächsten Angehörigen. Das BGB gibt die Reihenfolge der Erben vor (Paragraf 1930 BGB): Zuerst sind Ehepartner, eingetragene Lebenspartner und Kinder dran. Enkel gehören ebenfalls zu den Erben erster Ordnung. Sie kommen aber erst an die Reihe, wenn ihre Eltern vor der Oma das Zeitliche gesegnet haben. Eltern eines Erblassers sind Erben zweiter Ordnung. Sie stehen hinter Kindern und Enkeln. Bei kinderlosen Paaren erben die Eltern gemeinsam mit dem überlebenden Ehemann oder der Ehefrau. „Abkömmlinge verdrängen bis auf den Partner alle anderen“, sagt die Anwältin Susanne Reinhardt aus Wiesbaden.

Wie teilt sich das Vermögen auf die gesetzlichen Erben auf?

Der Anteil am Nachlass hängt beim Ehe- und Lebenspartner vom Güterstand ab und davon, ob Kinder da sind. Holger Siebert von der Deutschen Gesellschaft für Erbrechtskunde (DGE) macht am Beispiel einer Familie mit zwei Kindern und einem Nachlass im Wert von 100 000 Euro deutlich, wie gerechnet wird: In der Zugewinngemeinschaft steht dem Partner nach der gesetzlichen Erbfolge ein Viertel des Nachlasses zu. Ein weiteres Viertel bekommt er für die Zugewinngemeinschaft hinzu. Macht zusammen also 50 000 Euro. Den Kindern steht gemeinsam die andere Hälfte zu. Sie müssen untereinander teilen. Jeder erhält 25 000 Euro.

Bei Gütertrennung erben der Partner und die beiden Kinder jeweils zu gleichen Teilen. Im Beispiel würde jeder ein Drittel des Vermögens erhalten, von drei Kindern an aufwärts bekommt der Elternteil ein Viertel. Im seltenen Fall der Gütergemeinschaft geht nur ein Viertel des Erbes an den Partner. Drei Viertel gehen an die beiden Kinder, die teilen müssen.

Was ist der Pflichtteil?

Der Pflichtteil kommt bei einem Testament ins Spiel. Und zwar dann, wenn dessen Schreiber jemanden nicht bedacht hat, der laut gesetzlicher Erbfolge etwas vom Kuchen hätte abbekommen müssen. Oder wenn er ihn mit weniger abgespeist hat als gesetzlich vorgesehen.

Wem steht der Pflichtteil zu und wie wird er geltend gemacht?

Pflichtteilsberechtigt sind nur der Ehepartner, die Abkömmlinge und die Eltern. Die Eltern aber nur, wenn keine Abkömmlinge da sind, sagt Klaus Michael Groll vom Deutschen Forum für Erbrecht. Berechtigte erfahren meist über das Nachlassgericht, dass sie zum Kreis der potenziellen Erben gehören.

Wie hoch ist der Pflichtteil?

Er entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Einem enterbten Ehepartner und zwei Kindern in einer Zugewinngemeinschaft stünde also ein Viertel des Erbes als Pflichtteil zu. Das ist bei einem Vermögen von 100 000 Euro ein Betrag von 25 000 Euro. Diese Summe müssten die alleinerbenden Kinder an die Mutter oder den Vater ausbezahlen.

Literatur:
Herbert und Malte Bartsch: Das aktuelle Erbrecht. Testament, Steuern, Ansprüche, Walhalla Rechtshilfen, Walhalla Verlag, Ausgabe 2015,9,95 Euro, ISBN 978-3802940552

Susanne Reinhardt, Cornelie Kister: Erste Hilfe im Erbrecht. Ein Ratgeber für Frauen, C.H.Beck, München 2015, 9,90 Euro, ISBN 978-3-406-67651-2