Heuern und Feuern gilt nicht — Leiharbeitnehmer haben Rechte
Hunderttausende Arbeitskräfte werden mittlerweile an Firmen ausgeliehen. Dafür gelten klare Regeln.
Berlin. „Fleißig, billig, schutzlos“. Diesen treffenden Titel trägt ein Buch über Leiharbeiter in Deutschland. Doch: Rechte haben Arbeitnehmer in der Verleihbranche schon.
Man muss sie nur kennen. Leiharbeitsfirmen produzieren selbst nichts, und sie verkaufen nichts.
Sie stellen vielmehr Arbeitnehmer ein und verleihen diese an andere Betriebe. Derzeit sind gut 700 000 Arbeitnehmer in der Branche beschäftigt.
Geldtipp
„Die Überlassung von Arbeitnehmern an Entleiher erfolgt vorübergehend“, heißt es seit 2011 im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG). Eine klar definierte gesetzliche Höchstdauer des Einsatzes existiert aber nicht.
Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hat jedoch entschieden, dass bei längerem Verleih „ein Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher zustande“ kommt (Az.: 15 Sa 1635/12). Darüber muss allerdings noch das Bundesarbeitsgericht entscheiden.
Manchmal können Leiharbeitnehmer in ein festes Beschäftigungsverhältnis bei der Firma wechseln, in die sie zunächst ausgeliehen waren. Der Verleiher darf den Wechsel zum Entleiher nicht behindern. Das regelt Paragraf 9 des AÜG ausdrücklich.
Meistens leihen sich Firmen Arbeitnehmer aber nur für einige Monate aus. Danach geht es zu einer anderen Firma — oder es gibt eine Einsatzpause. In diesen Pausen läuft das Arbeitsverhältnis mit dem Verleihunternehmen ganz normal weiter, und der vereinbarte Lohn muss auch ohne Arbeit überwiesen werden.
Kein Leiharbeiter darf gezwungen werden, in dieser Zeit Urlaub zu nehmen; gekündigt werden darf dann auch nicht. Das hat das Bundesarbeitsgericht per Urteil 2006 bekräftigt (Az.: 2 AZR 412/05).
In Deutschland gibt es aktuell zwei gültige Flächentarifverträge für die Leiharbeitsbranche, die mit den DGB-Gewerkschaften geschlossen wurden. Die unterste Lohngruppe gilt als Mindestlohn in der Leiharbeit. Das sind derzeit pro Stunde 8,19 Euro (West) bzw. 7,50 Euro (Ost).
In vielen Branchen gibt es Zuschläge für Leiharbeiter, die länger als sechs Wochen beschäftigt sind. Dann steigt der Lohn in einer ersten Stufe, beispielsweise von 8,19 Euro pro Stunde um 15 Prozent auf brutto 9,40 Euro. Nach neun Monaten gibt es schon 50 Prozent mehr, das sind dann 12,28 Euro. Nur wenige Leiharbeiter sind allerdings so lange beschäftigt — und nach einer Einsatzpause beginnt alles wieder mit 8,19 Euro pro Stunde.
Die tarifliche Arbeitszeit in der Branche liegt bei 35 Stunden pro Woche. Das gilt aber nicht unbedingt in den Betrieben, an die die Arbeitnehmer ausgeliehen sind. Wenn dort 38,5 Stunden pro Woche gearbeitet wird, sammelt ein Leiharbeiter, da er ja „eigentlich“ nur eine 35-Stunden-Woche hat, pro Woche 3,5 „Plusstunden“ an.
In 20 Wochen sind das dann schon 70 Stunden. Viele Verleihfirmen verlangen, dass diese Plusstunden in der Zeit ohne Verleih „abgefeiert werden“. Doch das sei rechtswidrig, erklärt Frank Bouvain, Betriebsrat beim Verleihunternehmen Randstad:
„Die Plusstunden sind nicht dafür da, um Beschäftigungspausen zu überbrücken.“ Tipp: Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses müssen vorhandene Plusstunden ausgezahlt werden. Das kann auch durch eine Klage durchgesetzt werden.