Lebensversicherung: Eine Branche im Umbruch

Viele Versicherte erhalten am Ende der langen Vertragslaufzeit viel weniger als erhofft.

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Frankfurt. Niedrigzinsen und strengere Kapitalanforderungen machen Lebensversicherern das Leben schwer. Manch einer sieht schon das Ende der klassischen Kapitallebensversicherung nahen. Klar ist, die Branche muss sich etwas einfallen lassen.

Die Unternehmen müssen die versprochenen Garantiezinsen von vier Prozent aus Altverträgen klassischer Lebensversicherungen erwirtschaften. Wegen der niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten werfen festverzinsliche Papiere, in denen das Geld der Unternehmen vor allem steckt, aber kaum noch etwas ab.

„Für Kunden mit alten Verträgen ist es ein gutes Investment. Für Neukunden ist der Wert der Garantien momentan schwer einzuschätzen. Eine langfristige Garantie mit kurzfristigen Renditen anderer Anlageprodukte zu vergleichen, macht wenig Sinn“, sagt Frank Schepers, Branchenexperte bei der Unternehmensberatung Towers Watson. Wer noch eine alte Police mit einer Zinsgarantie von vier Prozent besitzt, bekommt diese hohe Rendite allerdings meist nur noch gutgeschrieben, weil der Versicherer die Überschüsse bei den übrigen Kunden kürzt.

Der Garantiezins für Neuverträge dürfte im kommenden Jahr auf wahrscheinlich 1,25 Prozent von derzeit 1,75 Prozent zurückgehen. Hinzu kommt die freiwillige Überschussbeteiligung, die ebenfalls rückläufig ist. Bei Vertragsende bekommen Kunden noch den Schlussüberschuss und die Beteiligung an den Bewertungsreserven. Nach Angaben der Branche liegt die Gesamtverzinsung derzeit bei durchschnittlich knapp über vier Prozent. Verbraucherschützer bemängeln, dass die Abschluss- und Vertriebskosten in den ersten Jahren vom eingezahlten Kapital abgezogen werden.

Erste Anbieter haben Produkte ohne lebenslangen Garantiezins auf den Markt gebracht. Zugesichert werden nur der Erhalt der eingezahlten Beiträge und später eine Mindestrente. Den Rest bestimmt das Umfeld an den Kapitalmärkten. „Die Produkte sind im Gegensatz zur klassischen Lebensversicherung im Kern so unterschiedlich ausgestaltet, dass man sie hinsichtlich der Rendite nicht mehr unmittelbar vergleichen kann“, sagt Heermann. „Ich habe Sorge, dass die Vielfalt die Verbraucher abschreckt“. Positiv ist aus seiner Sicht, dass die Produkte flexibler sind als häufig die klassische Lebensversicherung. „Verbraucher können den Sparbeitrag während der Laufzeit verändern, oder Kapital entnehmen.“

Die Kunden sollen künftig am Vertragsende geringer an Kursgewinnen festverzinslicher Wertpapiere, den sogenannten Bewertungsreserven, beteiligt werden. Derzeit erhalten sie 50 Prozent dieser Reserven, die anteilig auf ihre Lebensversicherung entfallen. Im vergangenen Jahr waren das 2,8 Milliarden Euro. Dieses Geld fehle den Kapitalerträgen für alle übrigen Versicherten, das seit 2008 geltende System sei daher ungerecht, argumentiert die Branche. Kritiker wie der Bund der Versicherten sprechen hingegen von einem Hilfspaket für die Unternehmen zulasten der Versicherten, die weniger Geld bekämen.

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