Mit Menschenkenntnis zum gerechten Urteil - Neue Schöffen gesucht
Berlin (dpa/tmn) - Ab 2013 werden überall in Deutschland neue Schöffen für eine fünfjährige Amtszeit ab 2014 gewählt. Bewerbungen sind schon jetzt möglich. Um dieses Ehrenamt auszuüben, ist kein juristisches Fachwissen nötig.
Schuldig oder nicht? In Strafverfahren an Amts- und Landgerichten werden Entscheidungen getroffen, die tief in das Leben von Menschen eingreifen. Direkt daran beteiligt sind nicht nur ausgebildete Rechtsexperten, sondern auch über 60 000 Schöffen. Die ehrenamtlichen Richter werden 2013 neu gewählt und nehmen 2014 ihre Arbeit auf. In einigen Gemeinden beginnt die Suche schon jetzt.
„Das Wahlverfahren ist bundesrechtlich einheitlich geregelt“, erklärt Hasso Lieber vom Bundesverband der ehrenamtlichen Richterinnen und Richter in Berlin. Zuerst muss von der Gemeinde eine Vorschlagsliste erstellt werden, auf der doppelt so viele Kandidaten stehen, wie Ämter zu vergeben sind. Aus dieser Liste wählt ein Ausschuss des Amtsgerichts die Schöffen für die nächsten fünf Jahre.
Auf der Vorschlagsliste soll die Bevölkerung möglichst nach Alter, Geschlecht, Beruf und sozialer Stellung abgebildet sein. Einige Einschränkungen gibt es aber doch: So müssen Schöffen deutsche Staatsbürger, zwischen 25 und 70 Jahre alt sein und in der Gemeinde wohnen, in der sie sich bewerben. Juristen sind von der Wahl ausgeschlossen, genau wie viele andere Berufsgruppen, die mit der Rechtsprechung zu tun haben: Polizei- und Strafvollzugsbeamte, Bewährungs- und Gerichtshelfer.
Wer Jugendschöffe werden will, muss seine Bewerbung statt an die Kommune an das zuständige Jugendamt richten. Neben den normalen Voraussetzungen müssen die Kandidaten hier ihre Eignung in der Beurteilung Jugendlicher nachweisen. „Zu wissen, was nötig ist, damit ein Jugendlicher nicht wieder straffällig wird, braucht einen gewissen sozialpädagogischen Sachverstand“, sagt Regine Drewniak von der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen in Hannover.
Auch ein verständnisvoller Arbeitgeber und zeitliche Flexibilität sind wichtig für das Schöffenamt. Gesetzlich festgelegt ist, dass so viele Schöffen gewählt werden sollen, damit der Einzelne nicht zu mehr als zwölf Verfahren im Jahr herangezogen wird. Diese können aber sehr unterschiedlich sein. Manche werden nach einer kurzen Sitzung beendet, andere ziehen sich über Wochen. Die Schöffen müssen immer dabei sein.
Bezahlt werden Schöffen nicht, sondern erhalten nur eine Aufwandsentschädigung. Auf jeden Fall bekommen sie fünf Euro pro Stunde für ihren Zeitaufwand und eine Erstattung der Fahrtkosten. Auch eine Entschädigung für Verdienstausfälle ist vorgesehen. Die Höhe richtet sich nach dem Zeitaufwand des Verfahrens.
Juristisches Fachwissen wird nicht erwartet. „Sie sollen ihre Alltagserfahrungen und Menschenkenntnis in das Verfahren einbringen“, erklärt Lieber. Denn ob ein Zeuge oder Beklagter die Wahrheit sagt, sei keine juristische Frage.
Meist besteht ein Gericht aus einem hauptamtlichen Richter und zwei Laien, die absolut gleichberechtigt sind. Sie dürfen Fragen stellen und haben in der Beratung eine gleichwertige Stimme, können also sogar den Richter überstimmen. Damit tragen Schöffen viel Verantwortung, denn in den Verfahren bei Amts- und Landgericht kann es darum gehen, ob ein Mensch für längere Zeit ins Gefängnis muss.
Viele Kommunen bieten Kurse an, in denen zwar keine juristische Schulung geboten wird, aktive Schöffen aber mehr über ihr Amt erfahren können. Meist finden solche Seminare an den Volkshochschulen statt, aber auch an privaten Bildungseinrichtungen. „Bei diesen Veranstaltungen geht es nicht darum, aus den Laienrichtern halbe Berufsrichter zu machen“, sagt Ute Schmitz-Bütow vom Willi-Eichler-Bildungswerk in Köln. Vielmehr solle ihnen das Rüstzeug vermittelt werden, um ihr Amt selbstbewusst auszuüben.