Nicht von der Sonne blenden lassen - Käufer brauchen Geduld
Freiburg/Berlin (dpa/tmn) - Sonne, Strand und gute Laune: Im Urlaub sind viele in bester Stimmung. Was liegt da näher als ein Ferienhaus im Süden? Zu schnell sollten Interessenten nicht zuschlagen. Sonst wird aus dem Traum ein Alptraum.
Das Städtchen ist malerisch, der Weg zum Strand kurz, die Abende auf der Terrasse lauschig - und immer scheint die Sonne: Im Urlaub fangen viele Deutsche an, den Traum vom eigenen Ferienhäuschen im Süden zu träumen. Ob Griechenland, Portugal oder Spanien: Gerade in einigen europäischen Krisenländern müsste doch etwas Schönes günstig zu haben sein, denkt mancher. Ohne eine ausgiebige Marktanalyse und Vor-Ort-Kenntnisse geht es aber nicht.
Trotz der europäischen Einigung bleiben große Unterschiede, die Käufer kennen und beachten sollten. „Was den Kauf einer Ferienimmobilie im Ausland betrifft, hat die EU-Harmonisierung noch nicht viel bewirkt“, sagt Peter Schöllhorn von der Deutschen Schutzvereinigung Auslandsimmobilien (DSA) in Freiburg. Die Gepflogenheiten und die rechtlichen Vorschriften seien von Land zu Land anders - und sie unterscheiden sich von denen in Deutschland.
Das größte Problem sieht Schöllhorn deshalb auch darin, dass sich viele Kaufinteressenten zu wenig Zeit nehmen. „Meist heißt es dann: 'Es wird schon gehen!'“ Doch wie bei jeder Immobilie sei auch beim Ferienhaus die Lage wichtig. Sie entscheidet maßgeblich über den Wert und lasse sich nur vor Ort sorgfältig prüfen.
Wichtige Fragen: Sind Ärzte in der Nähe? Wie weit ist der Weg zum Flughafen oder zum Strand? Wo sind die nächsten Einkaufsmöglichkeiten? Passt die Immobilie auch langfristig zu den eigenen Bedürfnissen? All das müssten Käufer klären, den Markt analysieren und Preise vergleichen. Von schnellen Entscheidungen raten daher alle Experten einhellig ab.
„Die Urlaubsstimmung trübt oft den klaren, kritischen Blick“, hat Jürgen Michael Schick vom Immobilienverband Deutschland (IVD) in Berlin beobachtet. Tatsache sei aber: „Vielen Projektentwicklern in den südeuropäischen Krisenländern steht das Wasser bis zum Hals.“ Aus diesem Grund seien viele Apartments auf dem Markt - bisweilen fahren besonders Spanien-Urlauber an halbfertigen Siedlungen vorbei. Das erhöhe aber nicht die Chance auf ein Schnäppchen. Im Gegenteil: Geht das Bauunternehmen Pleite, haben Käufer nicht für eine schlüsselfertige Immobilie viel Geld bezahlt, sondern für ein Betongerippe.
„Eine große Falle ist die, die heimischen deutschen Preise als Maßstab zu nehmen“, sagt Prof. Tobias Just, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienwirtschaft an der Universität Regensburg. Vielen erscheinen die Angebote, die von Maklern in der Region angepriesen werden, als günstig. „Sie müssen aber schauen: Ist der Preis auch angemessen für das Marktumfeld vor Ort?“ Der Wert einer Immobilie bemesse sich danach, für welchen Preis sie sich später wieder verkaufen oder zwischenzeitlich vermieten lasse. Gegen Fehler helfe hier nur eine objektive Marktrecherche.
Kaufinteressenten sollten sich außerdem sorgfältig darüber informieren, wie viel Fläche sie für ihr Geld wirklich bekommen. Je nach Land würden Flächen anders berechnet: Während in Deutschland die Fläche unter einer Dachschräge zum Beispiel nur zur Hälfte zählt - 20 Quadratmeter fließen also als 10 in die Gesamtfläche ein -, kann anderswo anderes Recht gelten, gibt Just zu bedenken. Und ob Keller oder Dachböden zur Wohnfläche zählen, kann von Land zu Land ebenfalls unterschiedlich sein.
In noch größere Probleme kann derjenige geraten, der vor dem Erwerb nicht sicherstellt, dass das Hause oder Teile davon nicht schwarz - also ohne behördliche Baugenehmigung - errichtet wurden. „Entweder werden dann Baunormen nicht beachtet, oder der Swimming-Pool ist später ohne Genehmigung angelegt worden“, zählt Schöllhorn auf. „Oder eine Scheune wurde zum Wohnzimmer umgebaut, darf laut Genehmigung aber nur als Scheune genutzt werden.“ In solchen Fällen haftet der aktuelle Eigentümer. Und es könne sei, dass ein Bau dann im Nachhinein wieder abgerissen werden muss.
Dazu kommt: Das Vertragsrecht ist von Land zu Land unterschiedlich. Während in Deutschland erst die notarielle Beurkundung den Kauf komplett macht, gelten im Ausland zum Teil andere Rechtsgrundsätze. „In Spanien und Italien zum Beispiel besiegelt ein unterschriebener Vorvertrag einen gültigen Kauf“, sagt Schick. „Deshalb bitte nichts unterschreiben, vor allem nicht ohne Besichtigung - auch keinen Bierdeckel oder Schmierzettel.“ Denn auch der könne rechtskräftig und damit bindend sein.
Unterschätzt würden oft die Nebenkosten, die zum Kaufpreis hinzukommen. Da gibt es zum einen die für den Erwerb: Die Höhe der Maklerprovision, die Grunderwerbsteuer, die Notargebühr oder der Eintrag ins Grundbuch - all das kostet je nach Land unterschiedlich viel. Vergessen dürfen Käufer auch nicht die laufenden Kosten für Müllabfuhr, den Swimmingpool, die Grundsteuer oder - wenn vermietet wird - für einen Verwalter, die ganzjährige Gartenpflege oder eine Putzfrau.
Auch ein Steuerberater kann notwendig sein, um den oft komplizierten Anforderungen des Gesetzgebers zu genügen. „Im Süden versprechen die Makler viel“, sagt Schöllhorn. „Dass eine Ferienimmobilie eine Kapitalanlage mit guter Rendite sei, erzählen aber selbst sie nicht mehr.“ Das Vorhaben, die Immobilie drei Viertel des Jahres zu vermieten und in der Ferienzeit selbst zu nutzen, kann zum einen schwer fallen: Außerhalb der Urlaubssaison sind in vielen Regionen auch die Gäste nicht da. „Und wer auf Ortskräfte verzichtet und sich um alles selbst kümmern will, kann mit der Anlage kaum einen Schnitt machen.“
Daher sei es Pflicht, eine Kaufentscheidung mit einigem Abstand von der Urlaubssonne zu treffen, rät Schick: „Nach Hause kommen, das Angebot ein wenig sacken lassen und den Markt genau analysieren.“