Urteil: Testamente sind meist vollständig zu eröffnen
Schleswig (dpa/tmn) - Wenn Eheleute gemeinsam ein Testament aufsetzen, wird es nach dem Tod vom einem der beiden mitunter kompliziert. Das zeigt auch der folgende Fall, der vor dem Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht verhandelt wurde.
In einem Erbfall ist grundsätzlich der gesamte letzte Wille zu eröffnen. Sollen bei einem gemeinschaftlichen Testament Teile der Verfügung erst nach dem Tod des überlebenden Ehepartners eröffnet werden, ist dies zwar möglich. Diese Textteile müssen aber abtrennbar sein. Die Arbeitsgemeinschaft Erbrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine entsprechende Entscheidung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts (Az.: 3 Wx 74/12).
In dem Fall setzten sich die Eheleute gegenseitig als Erben ein. Schlusserbe, also derjenige, der nach dem Tod beider alles erhalten sollte, war ein Neffe des Mannes. Weitere Nichten sollten bestimmte Gegenstände als Vermächtnis bekommen. Der Wunsch des Paares war es, dass dieser Teil des Testaments — das Vermächtnis — erst nach ihrem Tod eröffnet werden sollte. Nach dem Tod des Mannes ordnete das Nachlassgericht jedoch an, das Testament mitsamt der Vermächtnisse zu eröffnen. Die Frau legte dagegen Beschwerde ein.
Ohne Erfolg: Testamente seien grundsätzlich vollständig zu eröffnen. Schließlich könnten auch die Nichten gesetzliche Erben sein. Zur Wahrung der Interessen der gesetzlichen Erben sei es notwendig, dass sie umfassende Kenntnis der letztwilligen Verfügung des Erblassers bekämen. Nur wenn die verschiedenen Erklärungen abtrennbar seien, könnte eine unvollständige Testamentseröffnung erfolgen. Hier hätten die Eheleute aber gemeinsam erklärt, wer was als Vermächtnis bekommen solle. Würden gemeinsame Erklärungen in der Wir-Form geschrieben, könnten sie im Todesfall von einem der beiden Ehepartner nicht von seinem letzten Willen abgetrennt werden.