Ungerechtfertigte Maßnahmen Psychische Belastungen können als Arbeitsunfall gelten
Darmstadt (dpa/tmn) - Arbeitsunfälle müssen nicht immer physischer Natur sein. Auch psychische Belastungen, die im Zusammenhang mit der Arbeit auftreten, können als Arbeitsunfall gelten.
Es kommt allerdings immer auf den Einzelfall an, erklärt die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV). Gibt es aber einen klar erkennbaren Zusammenhang zur beruflichen Tätigkeit, muss die gesetzliche Unfallversicherung leisten, wie eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts zeigt (Az.: L 3 U 70/14).
Der Fall: Eine Mitarbeiterin des Service-Points am Fernbahnhof am Frankfurter Flughafen hatte einen liegengebliebenen Rucksack von der Bahnsteigaufsicht entgegengenommen. Den Inhalt protokollierte sie im Beisein eines Kollegen. Später stellten Beamte der Bundespolizei fest, dass Geld, Schmuck und eine Festplatte aus der Fundsache fehlten. Sie nahmen die Frau mit auf das Polizeirevier, wo sie nackt einer Leibesvisitation unterzogen wurde. Ohne Ergebnis.
Aufgrund dieser Maßnahme erkrankte die Frau psychisch. Die Unfallversicherung lehnte eine Anerkennung als Arbeitsunfall aber ab. Es habe sich bei der polizeilichen Kontrolle um eine private Verrichtung gehandelt, die den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz unterbrochen habe, so die Begründung.
Das Urteil: Das Landessozialgericht sah das anders und verurteilte die Unfallversicherung zur Anerkennung als Arbeitsunfall. Auslöser und Ursache der polizeilichen Maßnahmen sei allein die berufliche Tätigkeit der Mitarbeiterin gewesen. Die Leibesvisitation erfolgte auch nicht wegen einer privaten Tätigkeit. Die Frau habe ordnungsgemäß ihre Arbeit verrichtet. Die ungerechtfertigten Maßnahmen hätten bei der Frau unmittelbar zu Gefühlen des Ausgeliefertseins, der Hilflosigkeit und Ohnmacht geführt, so dass die Frau erkrankte.