Reform der Rentenkasse: Was sich für Witwen ändert
Ab dem 1. Juli gibt es für die meisten mehr Geld von der gesetzlichen Rentenkasse.
Düsseldorf. Rund 5,5 Millionen Witwen und Witwer erhalten in Deutschland Hinterbliebenenrenten der gesetzlichen Rentenversicherung. Zum 1. Juli werden ihre Renten in der Regel erhöht — manche erhalten aber auch weniger. Was ändert sich und worauf ist zu achten?
Rentenerhöhung: Genau wie die Altersrenten steigen im Prinzip auch die Hinterbliebenenrenten zum 1. Juli 2012 um gut zwei Prozent an: Aus einer Witwen- oder Witwerrente von 500 Euro werden dann rund 511 Euro — aber nur, wenn sich das Einkommen, das auf die Rente angerechnet wird, nicht ändert. Wichtig ist also, wie das Einkommen angerechnet wird.
Nettoeinkommen und Freibeträge: Hierbei hat die Rentenversicherung ihre eigenen Regeln. Das (rechnerische) Nettoeinkommen von Arbeitnehmern wird beispielsweise ermittelt, indem vom Bruttoeinkommen pauschal 40 Prozent abgezogen werden. Aus 1500 Euro brutto werden so 900 Euro netto. Das so errechnete Nettoeinkommen wird einem jährlich angepassten Freibetrag gegenübergestellt. Dieser wird zum 1. Juli 2012 auf 741,05 Euro (West) bzw. 657,89 Euro (Ost) erhöht.
Beispiel: Eine in Teilzeit arbeitende Witwe hat Nettoeinkünfte von 900 Euro. Der Freibetrag wird in diesem Fall um 158,95 Euro überschritten. Der wird nur zu 40 Prozent auf ihre Witwenrente angerechnet. Das sind im Beispielfall 63,58 Euro. Eine (volle) Witwenrente von 560 Euro wird damit auf 496,42 Euro gekürzt. Diesen Betrag erhält die Witwe zusätzlich zu ihrem Arbeitseinkommen.
Mehr Einkommen ab 1. Juli: Das anzurechnende Einkommen wird in der Regel einmal im Jahr überprüft — und zwar zum 1. Juli. Steigt das Einkommen nach diesem Termin, so spielt dies zunächst keine Rolle, wie Stefan Braatz von der Deutschen Rentenversicherung Bund erklärt: „Ein höherer Verdienst, der sich etwa aufgrund eines Wechsels von Teilzeit- in Vollzeitarbeit ergibt, wird erst ab dem 1. Juli des nächsten Jahres berücksichtigt“.
Eine Witwe, die ab dem 2. Juli 2012 mehr verdient, erhält also erst ab dem 1. Juli 2013 weniger Witwenrente. Achtung: Diese günstige Regel gilt nur dann, wenn sich bereits bestehendes Einkommen erhöht — nicht jedoch, wenn neues Einkommen hinzukommt. Für Witwen, die vorher nicht berufstätig waren und einen Job neu aufnehmen, gilt dies also nicht.
Weniger Einkommen ab 1. Juli: Sinkt aber das Einkommen, das auf die Hinterbliebenenrente angerechnet wird, erheblich, so wird der Anrechnungsbetrag auf Antrag sofort neu berechnet. Als erheblich gilt eine Einkommensminderung um wenigstens zehn Prozent (Paragraf 18 b des vierten Sozialgesetzbuchs).
Verpasst ein Hinterbliebener die rechtzeitige Antragstellung, so muss die Einkommensminderung bei der nächsten turnusmäßigen Rentenüberprüfung auch rückwirkend berücksichtigt werden.
„Nullrentner“: Es gibt rund eine halbe Million „Nullrentner“. So werden in der Statistik der Deutschen Rentenversicherung Witwen und Witwer genannt, die wegen ihres zu hohen Einkommens gar keine Hinterbliebenenrente erhalten. Sobald ihr Einkommen — etwa weil sie selbst in den Ruhestand gehen — deutlich sinkt, lebt ihr Anspruch auf eine Hinterbliebenenrente sofort wieder auf. Dafür muss niemand bis zum 1. Juli warten.
„Der Antrag kann jederzeit gestellt werden“, sagt Rentenexperte Braatz. Wird rückwirkend ein Anspruch auf Hinterbliebenenrente festgestellt, steht den Betroffenen für bis zu vier Jahre rückwirkend eine Rentennachzahlung zu.