Risiko statt Rendite: Werbung für kritische Geldanlagen
Frankfurt/Main (dpa) - Lukrative Geldanlagen verzweifelt gesucht: Klassische Sparprodukte werfen in Zeiten von Niedrigzinsen kaum noch etwas ab. Anbieter auf dem „Grauen Kapitalmarkt“ locken Anleger nicht selten mit Traumrenditen.
Doch das Risiko ist oft hoch - bis hin zum Totalverlust.
Was ist der Graue Kapitalmarkt?
Nicht alle Unternehmen werden kontrolliert, die auf dem Finanzmarkt tätig sind, und nicht jedes steht unter staatlicher Aufsicht. Wenn Anbieter keine Erlaubnis der Finanzaufsicht BaFin brauchen und vergleichsweise wenige gesetzliche Vorgaben erfüllen müssen, spricht man vom „Grauen Kapitalmarkt“. Er ist nicht illegal und auch per se nicht schlecht, betont die Bafin. Dort finanzierten sich solide mittelständische Industrieunternehmen, innovative Start-up-Unternehmen versorgten sich mit Gründungskapital. Doch da die staatliche Kontrolle geringer ist, tummeln sich neben seriösen Anbietern auch dreiste Zocker auf diesem Finanzmarkt.
Welche Produkte gibt es?
Die Auswahl ist riesig, zum Beispiel: Geschlossene Immobilienfonds, Termingeschäfte, Unternehmensbeteiligungen, Geldanlagen über Internetplattformen (Crowdfunding), Gold- oder Edelmetallsparpläne, Direktinvestments unter anderem in Holz, Edelmetalle, Minen - und sogar Rinder, wie die Verbraucherzentrale Hessen feststellte. Nach Angaben der Bafin werden ständig neue Investments entwickelt. Geworben wird im Internet, mit Anzeigen in Zeitschriften und Zeitungen, per Telefon, Werbebrief oder auf Verkaufsveranstaltungen. Versprochen werden nicht selten hohe Renditen.
Wie seriös sind die Versprechen?
„Viele Verbraucher, die am Grauen Kapitalmarkt investieren, glauben ihr Geld in einer sicheren Anlageform gut aufgehoben — nicht zuletzt, weil Anbieter ihre Produkte häufig als "sicher" beschreiben, sagt Jutta Gelbrich, Vorstand der Verbraucherzentrale Hessen. Doch genau das ist das Problem. Die Verbraucherschützer haben im Herbst 2015 im Rahmen des Projektes Marktwächter Finanzen insgesamt 91 Werbeanzeigen für Produkte des „Grauen Kapitalmarktes“ unter die Lupe genommen. Das Ergebnis: 80 fielen durch. In 77 Fällen wurden die Vorteile der Geldanlage einseitig hervorgehoben, zum Beispiel „Hohe Rendite trifft geringes Risiko“. Knapp die Hälfte der untersuchten Werbungen enthielt gar keinen Hinweis auf Risiken, wie beispielsweise Wertschwankungen. Wenn Risiken erwähnt wurden, dann oft versteckt, in kleiner Schrift oder stark verklausuliert, kritisieren die Verbraucherschützer. „Bei einigen Angeboten war nicht einmal erkennbar, um was für eine Art von Kapitalanlage es sich handelte oder in welche konkreten Produkte investiert werden sollte“, bemängelt Finanzmarktwächter Wolf Brandes.
Wie könnten Verbraucher besser geschützt werden?
Im Sommer 2015 trat das Kleinanlegerschutzgesetz in Kraft - eine Lehre unter anderem aus dem Milliardenskandal um den Windkraft-Finanzierer Prokon. Anbieter und Vermittler müssen mehr, bessere und aktuellere Informationen in ihren Verkaufsprospekten veröffentlichen. Behörden können Werbung für besonders riskante Angebote beschränken oder komplett verbieten. Die Bafin hat mehr Rechte, um schwarzen Schafen in der Branche rascher auf die Spur zu kommen, die mit hohen Renditen locken, aber kaum Sicherheiten bieten. Nur zwei der Angebote, die die Verbraucherschützer untersuchten, fielen wegen Übergangsfristen unter die neuen Regelungen. Auch diese genügten nicht den Anforderungen. So fehlten neben dem Hinweis auf den Verkaufsprospekt auch die für Werbung vorgesehenen Warnhinweise.
Reicht das Kleinanlegerschutzgesetz?
Die Verbraucherschützer sind skeptisch: Erfahrungsgemäß führten Neuregelungen zu Ausweichreaktionen. Ein Teil der Produkte des „Grauen Kapitalmarktes“ würden von den speziellen Vorschriften für Kapitalanlagen ohnehin nicht erfasst, zum Beispiel Investments in Gold. Finanzmarktexpertin Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert daher, die Werbung für Investments des „Grauen Kapitalmarktes“ generell zu regulieren. „Da es sich um Anlageformen mit besonderen Risiken handelt, sollte zumindest die Art der Werbung so geregelt sein, dass Missverständnisse ausgeschlossen sind.“