Stein auf Stein: Bauverträge richtig aushandeln
Berlin (dpa/tmn) - Die Wände sind verputzt, das Dach ist gedeckt, Fenster und Türen sind eingebaut. Doch vor dem Einzug steht eine letzte Hürde an: die Bauabnahme. Nur wenn keine Mängel oder Schönheitsfehler vorhanden sind, ist der Auftrag abgeschlossen und der Bauherr kann einziehen.
Erst nach der Abnahme ist auch die letzte Rate des Werklohns an das Bauunternehmen fällig, wie Rechtsanwalt Holger Freitag vom Verband Privater Bauherren erklärt. Zumindest in der Theorie. In einigen Verträgen legt der Unternehmer jedoch fest, dass die letzte Rate schon vor der Abnahme überwiesen wird.
Arne Schültge von der Verbraucherzentrale Bremen rät von solchen Verträgen ab: „Wer Mängel in seinem Haus entdeckt, nachdem er alle Raten bezahlt hat, läuft seinem Geld hinterher“, sagt er. Besser ist ein Vertrag, bei dem das Bauunternehmen in Vorleistung geht, wie es geltendes Recht vorsieht. Alles andere ist ein Verstoß gegen das AGB-Recht, erläutert Freitag.
Martin Wittjen vom Bauindustrieverband Berlin-Brandenburg gibt jedoch zu bedenken: „Auch ein Bauherr kann während des Baus insolvent werden.“ Ist ein Teil des Hauses fertig und der Lohn steht noch aus, sei es schwierig für das Bauunternehmen an das Geld zu kommen. Deshalb versuchen Unternehmen sich abzusichern. Klauseln, die eine letzte Zahlung vor Bauabnahme vorsehen, sind nach Wittjens Auffassung aber selten. Verträge, bei denen Abschnitt für Abschnitt bezahlt wird, seien ein guter Kompromiss: Hier ist das Risiko auf beiden Seiten gering.
Gerade beim sogenannten Schlüsselfertigbau sollten Bauherren vor Vertragsabschluss aber sorgfältig den Zahlungsplan prüfen, rät Eva Reinhold-Postina vom Verband Privater Bauherren. Denn hier ist der Vertragspartner des Bauherren die Baufirma, und nicht etwa ein Architekt, der mit der Planung und Überwachung beauftragt wurde. „Beim Schlüsselfertigbau habe ich keine Instanz, die für mich prüft, ob der Zahlungsplan auf den Bauablauf abgestimmt ist und später die Abschlagsrechnungen auch dem jeweiligen Bautenstand entsprechen“, sagt Reinhold-Postina.
Hat der Bauherr den von der Baufirma festgelegten bautechnischen Kriterien und dem Zahlungsplan zugestimmt, gelten sie auch. Ein Laie kann jedoch in der Regel nicht erkennen, ob der Zahlungsplan realistisch ist, warnt Reinhold-Postina. Daher ziehen Bauherren am besten schon vor Vertragsabschluss einen Sachverständigen hinzu. Der erkennt Fehler in der Planung und ob Material und Technik mit den Berechnungen übereinstimmen. Im Zweifel kann er den Bauherrn auch auf Punkte des Vertrags hinweisen, die ein Jurist überprüfen sollte - wie etwa die Klausel zur Zahlung vor der Bauabnahme.
Wer dennoch einen Vertrag abgeschlossen hat, der die letzte Rate vor Bauabnahme vorsieht, für den ist während der Bauphase besondere Wachsamkeit geboten. „Solange noch nicht alle Raten gezahlt sind, kann der Bauherr bei Mängeln reagieren“, sagt Schültge. Nur dann kann er sich den sogenannten Druckzuschlag zunutze machen: „Treten Mängel auf, ist das Haus weniger wert, als der festgesetzte Pauschalpreis“, erklärt Freitag. Behält der Bauherr dann die Differenzsumme ein, verzichten manche Unternehmen allerdings auf den Betrag, anstatt den Mangel zu beheben. Das geltende Baurecht sieht deshalb vor, dass die doppelte Summe, in Ausnahmefällen sogar ein Vielfaches, einbehalten werden kann, so Freitag.
Werden Mängel entdeckt, und die letzte Rate ist schon bezahlt, sind Ansprüche schwer durchzusetzen. „Zwar sind Klauseln, die eine vollständige Zahlung vor Bauabnahme vorsehen, rechtswidrig und damit unwirksam. Allerdings kommt ein Rechtsstreit für viele Betroffene nicht in Frage“, sagt Freitag. Denn das Bauunternehmen kann während des Verfahrens die Schlüsselübergabe verweigern. „So ein Prozess dauert lange - zu lange, wenn man mit gepackten Kisten auf der Straße steht.“
Hinnehmen muss man die Mängel aber in keinem Fall: Der Bauherr hat Anspruch auf einen Ausgleich. „Schon bei der Abnahme sollte man eine Frist für die Nachbesserung setzen“, sagt Freitag. Wird die Frist nicht eingehalten, kann der Bauherr etwa Schadenersatz verlangen oder ein anderes Unternehmen mit der Behebung beauftragen und die Kosten dem ursprünglichen Unternehmen in Rechnung stellen.