Umkehrdarlehen: Das Eigenheim zu Geld machen
Bremen (dpa/tmn) - Was tun, wenn die Rente am Ende doch nicht reicht? Für Immobilienbesitzer gibt es eine Lösung: Mit einem Umkehrdarlehen können Eigentümer ihre Rente aufbessern. Allerdings sollten die Angebote genau unter die Lupe genommen werden.
Die Kinder sind längst aus dem Haus, das Berufsleben ist vorbei - eigentlich könnte jetzt der gemütliche Lebensabend beginnen. Doch was, wenn die Rente hinten und vorne nicht reicht? Für Immobilienbesitzer gibt es eine Möglichkeit, ihr Einkommen aufzubessern: eine Umkehrhypothek. Dafür müssen sie ihre eigenen vier Wände nicht verkaufen. „Ein Umkehrdarlehen lohnt sich für Rentner, die zwar eine Immobilie besitzen, diese aber nicht unbedingt vererben möchten“, erklärt Hartmut Schwarz von der Verbraucherzentrale Bremen. „Denn die Umkehrhypothek mindert die Erbmasse.“
Das Modell ist im Prinzip einfach: „Man beleiht sein Haus oder seine Wohnung und bekommt dafür eine monatliche Rente oder einen Einmalbetrag ausgezahlt“, erklärt Jörg Sahr von der Stiftung Warentest in Berlin. Der Vorteil: „Man bleibt Eigentümer und kann weiter in seiner Immobilie wohnen.“ Erst wenn der Eigentümer stirbt, das Haus verkauft oder auszieht, etwa in ein Pflegeheim, wird das Darlehen samt Zinsen fällig. Die Auszahlung der monatlichen Rente oder des Einmalbetrages ist zudem steuerfrei, zu Lebzeiten erfolgen weder Zins- noch Tilgungszahlungen.
Während dieses Finanzierungsmodell in anderen Ländern, etwa den USA, sehr verbreitet ist, ist es in Deutschland noch wenig bekannt. „Dieses Produkt gibt es hierzulande erst seit ungefähr fünf Jahren“, sagt Beate Siewert vom Bundesverband Öffentlicher Banken (VÖB) in Berlin. „Es ist eher ein Nischenprodukt.“
Das hat vor allem zwei Gründe: „Die Zielgruppe ist eingeschränkt“, sagt Siewert. „Ein Umkehrdarlehen ist nur für Senioren geeignet, die über Immobilieneigentum verfügen.“ Zudem sind die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland schwierig. „Man muss hohe Hürden überwinden, bevor man ein solches Produkt auf den Markt bringen kann.“ Die Zahl der Anbieter ist entsprechend überschaubar. „Überregional bieten nur die Immokasse und die R+V-Versicherung Umkehrhypotheken an“, erklärt Sahr. Zudem gebe es noch regionale Anbieter, etwa die Investitionsbank Schleswig-Holstein.
Für Kunden hat die Umkehrhypothek einen Nachteil. „Es ist ein recht teures Produkt“, erklärt Schwarz. Dies betrifft sowohl den Zinssatz für das Darlehen als auch die anfallenden Gebühren. So sichern sich die Anbieter zum Beispiel gegen das Langlebigkeitsrisiko ab - damit ist gemeint, dass der Eigentümer länger lebt als statistisch berechnet. Die Immobilie dient als Sicherheit für die Umkehrhypothek und kann nicht mehr anderweitig als Sicherheit verwendet werden.
Wie viel Geld Kunden für ihre Immobilie erwarten können, hängt von vielen Faktoren ab. „Die Bank prüft, wie die Immobilie aussieht, schätzt den Wert, beurteilt die Lage und schaut, ob sie schuldenfrei ist“, erklärt Siewert. Auch die künftige Entwicklung wird berücksichtigt. „Die Immobilie soll ja schließlich nicht an Wert verlieren.“ Zudem wird ein Sicherheitsabschlag vorgenommen.
Ein Beispiel: Die Immobilie hat einen Wert von 200 000 Euro. Bei einem Risikoabschlag von 25 Prozent steht eine Darlehenshöhe von 150 000 Euro zur Verfügung. Dieser Betrag wird nicht ausgezahlt, sondern darf am Ende der Laufzeit nicht überschritten werden. Wenn die Laufzeit des Darlehens 19 Jahre beträgt, steht bei einem Zinssatz von 6 Prozent eine Summe von knapp 50 000 Euro als Einmalauszahlung oder etwa 340 Euro an monatlicher Rente zur Verfügung, rechnet die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen vor. Gebühren sind noch nicht berücksichtigt. Weitere Informationen finden sich auf den Website der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.
Kunden sollten sich daher vor der Entscheidung gut beraten lassen. „Man sollte den Zinssatz für das Darlehen auf jeden Fall prüfen“, rät Verbraucherschützer Schwarz. Liquiditätsengpässe könnten möglicherweise auch mit anderen Mitteln überbrückt werden, etwa indem andere bestehende Vermögenswerte veräußert werden.
Wirtschaftlich günstiger sei es oft, das Haus oder die Wohnung zu verkaufen. „Bei einem Verkauf kann man sich möglicherweise auch ein lebenslanges Wohnrecht einräumen lassen“, sagt Schwarz. Schließlich wäre es ungünstig, wenn die Umkehrhypothek zwar aus einem heutigen finanziellen Engpass hilft, ein paar Jahre später dann aber doch verkauft werde und die Immobilie durch die Umkehrhypothek belastet sei.
Mit einem Verkauf will Beate Siewert vom VÖB das Umkehrdarlehen allerdings nicht vergleichen. „Wenn ich verkaufe, will ich in meiner Immobilie auch nicht alt werden.“ Zudem schlage es sich im Verkaufspreis nieder, wenn ein lebenslanges Wohnrecht eingeräumt werde. Denn der Käufer wisse nicht, wie lange der Immobilienbesitzer leben wird. Deshalb funktioniere dieses Modell oftmals nur innerhalb der Familie.