Verspätung wegen Sturm: Rechte und Pflichten von Pendlern
Hannover (dpa/tmn) - Der erste schwere Herbststurm ist vorüber. Am Tag danach bleiben noch Zugstrecken gesperrt - zum Leidwesen der Pendler. Doch sie haben Ansprüche gegenüber der Bahn. Und sie müssen im Job keine Abmahnung für eine Verspätung fürchten.
An einem Unwetter haben Bahnunternehmen keine Schuld. Verspätet sich aber ein Zug deswegen erheblich, müssen sie den Fahrgästen einen Teil des Ticketpreises erstatten. Wie viel Geld die Kunden zurückbekommen, hängt von der Dauer der Verspätung ab. Das sagt der Reiserechtler Paul Degott aus Hannover. Das Argument, dass ein Unwetter höhere Gewalt ist und Deutsche Bahn und Co. daher nicht zahlen müssen, gilt nicht. Das entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im September (Rechtssache C-509/11).
„Auf höhere Gewalt kann sich die Bahn zwar berufen, wenn es um Schadenersatz geht“, erklärt Degott. Um die Minderung des Reisepreises kommt das Unternehmen aber nicht herum. „Bei einer Minderung kommt es nicht auf Verschulden an, sondern es kommt darauf an, ob der Kunde bekommt, wofür er bezahlt hat.“ Bei großen Verspätungen, wie bei dem Orkantief am Montag (28. Oktober), gilt der Vertrag zwischen Bahnunternehmen und Kunden als nicht vollständig erfüllt. 25 Prozent des Fahrpreises gibt es ab 60 Minuten Verspätung und 50 Prozent ab 120 Minuten.
Wer wegen eines schweren Herbststurms zu spät zur Arbeit kommt, muss keine Abmahnung befürchten. Das gilt jedenfalls, wenn der Sturm völlig unerwartet auftritt, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Köln. In diesem Fall sei Arbeitnehmern die Verspätung nicht vorzuwerfen. Um keine Schwierigkeiten zu bekommen, sollten Mitarbeiter ihren Arbeitgeber jedoch sofort informieren.
Arbeitnehmer müssen es allerdings hinnehmen, wenn der Chef ihnen wegen der Verspätung anteilig den Lohn kürzt, erklärt Oberthür. Ersatzweise kann er auch verlangen, dass der Arbeitnehmer die Zeit nacharbeiten muss, um die er sich verspätet hat. „In der Praxis werden die meisten Arbeitgeber das aber nicht verlangen“, sagt Oberthür.