Ärzte ohne Grenzen: Gefährliche Ermüdung im Kampf gegen Ebola
Genf (dpa) - Die Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) warnt vor einem nachlassenden Kampf gegen Ebola in Westafrika. „Die Anstrengungen müssen international verdoppelt werden“, schreibt die MSF-Präsidentin Joanne Liu in einem Kommentar in der Fachzeitschrift „Nature“.
Ermüdung und nachlassende Konzentration bedrohten den Sieg über die Epidemie, die noch lange nicht unter Kontrolle sei.
Die Zahl der Neuansteckungen in Guinea, Liberia und Sierra Leone ging seit Jahresbeginn zwar stark zurück, es werden aber immer wieder einzelne Fälle nachgewiesen. Insgesamt wurden in Westafrika von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits mehr als 11 000 Ebola-Tote registriert, die Dunkelziffer soll nach Schätzungen weit höher liegen.
„Die Vereinten Nationen, ausländische Hilfstruppen und Nichtregierungsorganisationen sollten sich noch nicht aus Westafrika zurückziehen“, so Liu. „Die betroffenen Staaten müssen mit Hilfe der internationalen Gemeinschaft die medizinische Grundversorgung neu aufbauen.“ Finanzhilfen, die gegen künftige Ausbrüche wappnen sollen, müssten sofort fließen.
Die Gesundheitssysteme in den von Ebola betroffenen Ländern seien wegen der Epidemie zerstört. Deshalb könnten sich nun andere Krankheiten verstärkt verbreiten, zum Beispiel die Masern oder Malaria. Um zu helfen, bedürfe es auch politischer Arbeit, so Liu. Ministerien und Hilfsorganisationen müssten mehr tun, um das Vertrauen der Bevölkerung in Regierungsvertreter und medizinisches Personal wieder aufzubauen.
Einen Hoffnungsschimmer sieht Ärzte ohne Grenzen in einem Forschungserfolg: Der Ebola-Impfstoff VSV-ZEBOV hatte sich kürzlich in einer Studie in Guinea als zuverlässig erwiesen. „Die Impfung sollte ausgeweitet werden auf andere betroffene Länder“, sagte Liu der Nachrichtenagentur dpa.
Ärzte ohne Grenzen ist allerdings auch selbst Ziel von Kritik: „Wir wurden sechs wichtige Wochen lang aufgehalten, in denen wir auf Verträge warteten, die durch die Systeme von Ärzte ohne Grenzen laufen mussten“, schreibt Trudie Lang, Professorin am Centre for Tropical Medicine and Global Health in Oxford, in „Nature“. Das Zentrum hatte im November eine klinische Studie in Liberia für ein Ebola-Medikament vorbereitet und war Lang zufolge auf bürokratische und logistische Hürden gestoßen.
Zur Vermeidung solcher Verzögerungen fordert Lang vertragliche Vorlagen für Forschungsprojekte. Zudem solle eine Task Force aus Wissenschaftlern gebildet werden, die sofort ausgesendet werden könne. Auch eine internationale, unabhängige Institution sei nötig, die Forschungsprojekte bei einer Epidemie koordiniert. So könne verhindert werden, dass sich verschiedene Teams in die Quere kommen.