Aktionstag „Zero Zika“: Hunderttausende Soldaten im „Virus-Krieg“
Rio de Janeiro (dpa) - In einem Großeinsatz haben in Brasilien rund 220 000 Soldaten und Tausende Mitarbeiter der Gesundheitsbehörden den Kampf gegen das Zika-Virus unterstützt. Auch Staatschefin Dilma Rousseff nahm in der Olympia-Stadt Rio de Janeiro an der Aktion teil.
Rousseff erklärte Bürgern, dass selbst kleine Pfützen und Wasserrückstände vermieden werden müssen. Gelbfiebermücken, die das Virus übertragen, legen dort ihre Eier ab und vermehren sich so.
Die Soldaten und Helfer schwärmten in 353 Städten mit Informationsblättern zum Erreger aus. Sie sollten bis zu drei Millionen Häuser besuchen. Besonders in den Favelas gibt es mangels moderner Abwassersysteme viele Brutstellen. Allerdings sollten die Soldaten gerade nicht in die Favelas gehen, weil dort das Risiko gewaltsamer Zusammenstöße mit Drogenhändlern besteht.
Nach der Informationskampagne und der Identifizierung von Brutstellen sollen in einer zweiten Etappe in den nächsten Wochen 50 000 Soldaten in besonders betroffenen Gegenden Moskitos und Eiablageplätze mit Insektiziden dauerhaft eliminieren. Die Aktion wird mit einem Etat von 500 Millionen Reais (110 Millionen Euro) vorangetrieben. Insgesamt hat die Regierung für 2016 Ausgaben von 2,4 Milliarden Reais (526 Mio. Euro) zur Bekämpfung der Mücken vorgesehen.
Das Ziel der Regierung lautet: „Zero Zika“ („Null Zika“). Aber bis dahin wird es ein weiter Weg sein - die Moskitoart Aedes aegypti hat sich dramatisch vermehrt und soll auf rund 80 Prozent der Landesfläche aktiv sein. Sie überträgt auch das Dengue- und das Chikungunya-Virus. „Der Kampf gegen die Moskitos ist derzeit das einzige Mittel, um diese drei Virus-Arten zu bekämpfen“, betonte der nationale Sekretär für Schutz und Zivilverteidigung, Adriano Pereira Júnior.
Die Behörden schätzen die Zahl der Zika-Infektionen in Brasilien auf 500 000 bis 1,5 Millionen. Das Virus steht im Verdacht, bei Infektionen von Schwangeren Schädelfehlbildungen bei ihren Babys zu verursachen. Die Zahl der bestätigten Fälle dieser Mikrozephalie bei Kindern, deren Mütter sich während der Schwangerschaft mit Zika infiziert haben, ist gestiegen: Es gebe 41 solche Fälle, teilte das Gesundheitsministerium am Freitag mit. In der Vorwoche waren 17 Fälle bekannt.
Insgesamt gibt es in Brasilien laut Behörden derzeit 462 bestätigte und 3852 Verdachtsfälle von Mikrozephalie. Die steigenden Diagnosen hängen auch damit zusammen, dass es seit dem Verdacht eines Zusammenhangs mit dem Zika-Virus im Oktober eine Meldepflicht gibt. Der Verdacht auf Mikrozephalie besteht, wenn ein Baby mit einem Kopfumfang von 32 Zentimetern oder weniger zur Welt kommt.
Bei dem Anti-Zika-Aktionstag kamen allein im Bundesstaat Rio de Janeiro 71 000 Soldaten zum Einsatz - dies gilt auch als Signal nach außen: Mit aller Macht soll versucht werden, ein Risiko für die Olympischen Spiele abzuwenden, die im August stattfinden. Die Regierung steht unter großem Druck, weil Zika Touristen und Sportler davon abhalten könnte, nach Rio zu reisen - wenngleich die Moskitoart im August kaum aktiv ist.
Rousseff vergleicht den Kampf gegen die Mücken mit einem „Krieg“. Mit US-Präsident Barack Obama hat sie die Entwicklung eines Impfstoffes durch Forscher beider Länder vereinbart. Nach Einschätzung eines US-Experten soll noch in diesem Jahr ein Impfstoff gegen das Virus getestet werden. Das sagte der Direktor des Nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID), Anthony Fauci, am Freitag (Ortszeit) auf einer Konferenz in Washington.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist Zika mittlerweile in 39 Ländern aufgetaucht. In vielen Ländern wie etwa Deutschland, wo mehr als ein Dutzend Fälle bekanntwurden, wurden die Infektionen jedoch von Reiserückkehrern eingeschleppt.
Am Zika-Virus sollen in Brasilien - unabhängig von toten Babys durch mögliche Mikrozephalie - drei Menschen gestorben sein. Meist führt das Virus nur zu Symptomen wie Fieber, Hautrötungen oder Kopfschmerzen. Kolumbien meldete drei Tote, die am Lähmungssyndrom Guillain-Barré starben, das womöglich von Zika ausgelöst wurde; auch Venezuela meldet drei Zika-Tote. Aber oft ist unklar, ob nicht auch andere Erkrankungen die Ursache sein könnten. Das ursprünglich im Zika-Wald von Uganda entdeckte Virus ist kaum erforscht. Weltweit werden die Mittel erhöht, um Klarheit über die Folgen zu bekommen. Wegen der Zika-Ausbreitung hatte die WHO Anfang Februar den globalen Gesundheitsnotstand ausgerufen.