Alzheimer-Expertin: Viele verdrängen die Krankheit
Berlin (dpa) - Die Krankheit Alzheimer ist unheilbar, ihre Folgen für die eigenen Fähigkeiten sind verheerend. Die meisten Patienten verdrängten die Krankheit, sagte die Vorsitzende der Deutschen Alzheimergesellschaft, Heike von Lützau-Hohlbein.
Wie bemerken Patienten, dass sie an Alzheimer erkrankt sind?
Lützau-Hohlbein: „Es ist eine Mischung verschiedener Symptome. Eine länger dauernde Kurzzeitgedächtnis-Schwäche und ein Verlust an Orientierung gehören dazu. Man schreibt zum Beispiel einen Einkaufszettel, vergisst diesen zu Hause, kauft ein und weiß anschließend nicht mehr, wie man vom Supermarkt nach Hause kommt, obwohl man den Weg jahrelang gemacht hat. Symptomatisch ist auch ein sozialer Rückzug - wenn Sie zum Beispiel auf einmal keine Lust mehr haben, sich Freunden zu widmen, obwohl Sie das früher gern getan haben. Dann sollten Sie sich Gedanken machen und einen Arzt aufsuchen.“
Wie reagieren Alzheimer-Kranke auf die Diagnose?
Lützau-Hohlbein: „Sie reagieren so unterschiedlich, wie wir Menschen sind. Ein aktives Angehen des Problems ist relativ selten. In ganz vielen Fällen verdrängen sowohl Betroffene als auch Angehörige die Krankheit. Eine Depression kann eine weitere Reaktion sein. Es kann auch sein, dass die Betroffenen entscheiden: So will ich jetzt nicht weiterleben, wie es auch Gunter Sachs getan hat. Das war ein Mann, der sich immer im Griff hatte. Jetzt wusste er, dass er das nicht mehr kann. Ein schwieriges Thema ist die Diagnosevermittlung, weil unsere Ärzte häufig nicht geschult sind, mit so einer schwierigen Situation umzugehen und häufig auch keine Zeit dafür haben.“
Nehmen sich viele Alzheimer-Kranke das Leben?
Lützau-Hohlbein: „Darüber gibt es keine Statistiken und wir wissen es nicht. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es viele Alzheimer-Patienten tun, denn es gehört eine Menge Mut dazu. Sie schieben das immer weiter hinaus und haben irgendwann nicht mehr die Kraft dazu. Die Alzheimerkrankheit ist eine ganz schleichende Angelegenheit. Die Betroffenen denken immer, na so schlimm kann es ja nicht werden.“
Kommen depressive Stimmungen bei Betroffenen häufig vor?
Lützau-Hohlbein: „Ja, die kommen sicher häufig vor, denn die Betroffenen merken ja selbst am schlimmsten, dass sie sich nichts mehr merken können oder dass sie nicht mehr wissen, wo sie sind. Dann ist die Depression eine Ausprägung dieser Situation.“
Welche Hilfsangebote gibt es?
Lützau-Hohlbein: „Wichtig ist, sich über die Krankheit zu informieren, damit man nicht nur eine nebulöse Vorstellung von dem hat, was kommt. Eine professionelle Beratung bekommen Angehörige, Betroffene, aber auch Helfer beim Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Die Patienten können sich an Selbsthilfegruppen wenden. Verstärkt gibt es solche Gruppen für Betroffene. Dort wird nicht nur über die Krankheit gesprochen, sondern dort erfahren sie vor allem Solidarität.“