TK: Mehr Kinder nehmen Arznei gegen ADHS
Hamburg (dpa) - Immer mehr Kinder und Jugendliche in Deutschland nehmen Medikamente gegen das sogenannte Zappelphilippsyndrom (ADHS). Das teilt die Techniker Krankenkasse (TK) mit.
Im Jahr 2009 bekamen rund 27 von 1000 bei der Techniker Krankenkasse versicherte Sechs- bis Achtzehnjährige das Arzneimittel Ritalin (Methylphenidat), wie die TK am Montag (9. Mai) in Hamburg mitteilte. Im Vergleich zu 2006 - damals waren es 20 von 1000 - sei dies eine Steigerung von 32 Prozent. Doch nicht jedes lebhafte oder auffällige Kind habe ADHS, also eine Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung, und brauche Tabletten.
Zahlen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte zeigten, dass die an Apotheken gelieferte Menge des Wirkstoffs von 2006 bis 2009 um 42 Prozent gestiegen sei - auf 1735 Kilogramm. „Das entspricht dem Gewicht eines kleinen Geländewagens“, hieß es. Im Jahr 2006 waren es noch 1221 Kilo. Und nach den TK-Daten lag die durchschnittlich verschriebene Menge Methylphenidat pro jungem Patienten 2006 bei 195 sogenannten Tagesdosierungen, 2009 bei 213.
Mit der Diagnose und einer Ritalin-Behandlung müsse man sehr vorsichtig sein, warnte die Kasse. „Denn die Langzeitfolgen von Ritalin und Co. sind noch nicht erforscht und die Nebenwirkungen sehr umstritten.“ So könne Methylphenidat bei falscher Dosierung Angstzustände oder Appetitlosigkeit auslösen. Auch auf das Wachstum der Kinder könne das Medikament Auswirkungen haben.
„Ein speziell ausgebildeter Arzt sollte mit Eltern, Lehrern und anderen Betreuungspersonen klären, ob die Symptome der kleinen Patienten nicht doch andere Ursachen haben“, erklärte TK-Apothekerin Edda Würdemann - und damit verhindern, dass Ritalin voreilig verschrieben wird. Bei sehr verhaltensauffälligen Kindern allerdings seien Präparate mit Methylphenidat „das Mittel der Wahl“, sagte Würdemann. „Nur so können die Symptome schnell gelindert werden, so dass eine begleitende Verhaltens- oder Psychotherapie überhaupt erst möglich gemacht wird.“ Ritalin könne aber eine ganzheitliche Therapie nicht ersetzen: „Die betroffenen Kinder müssen lernen, langfristig mit ihren Symptomen umzugehen - auch ohne Medikamente.“
Die gemeinsame Selbstverwaltung aus Ärzten und Krankenkassen, der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), habe bereits im Dezember in seinen Arzneimittelrichtlinien festgelegt, dass Ärzte Medikamente wie Ritalin nur noch nach sehr strengen Maßstäben verschreiben dürfen.