Antibiotika wirken immer weniger
Berlin (dpa) - Immer mehr Antibiotika drohen als sichere Therapiemöglichkeit auszufallen, weil Bakterien unempfindlich werden. „Ich sehe die Gefahr als sehr groß an“, sagte der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Reinhard Burger, in Berlin zum Weltgesundheitstag.
„Die Waffe Antibiotika ist zunehmend stumpf geworden.“ Nach Angaben der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände hat jeder vierte Kassenpatient im Jahr 2009 mindestens einmal eine Krankheit mit Antibiotika bekämpft.
Die Bundesregierung will das Problem angehen. Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sagte: „Unser Ziel ist es, die Zahl der Infektionen (...) zu reduzieren und zum anderen die Zahl der Resistenzen zu reduzieren.“ Er verwies auf ein gerade im parlamentarischen Verfahren befindliches Gesetz. Es soll helfen, die bis zu 600 000 Infektionen in Kliniken mit bis zu 15 000 Toten im Jahr einzudämmen. Niedergelassene Ärzte müssten Patienten verstärkt daraufhin untersuchen, ob sie mit resistenten Keimen besiedelt seien.
Wichtig sei auch, dass auf Menschen übertragbare Tierkrankheiten weiter bekämpft würden. Agrarministerin Ilse Aigner (CSU) betonte, bei Tieren dürften Antibiotika nur angewendet werden, wenn sie wirklich nötig seien.
Mehr als 18 Millionen gesetzlich Versicherte schluckten 2009 Antibiotika. Das hat das Deutsche Arzneiprüfungsinstitut (DAPI) errechnet, wie die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände in Berlin mitteilte. Zahlen für das Jahr 2010 lagen noch nicht vor. Deutschlands Antibiotika-Bedarf ist laut DAPI seit 2003 konstant.
Im Schnitt habe jeder Patient 2,5 Antibiotika-Packungen verordnet bekommen - so kamen 2009 insgesamt 45 Millionen Packungen zusammen. Privatrezepte wurden dabei nicht berücksichtigt. Überdurchschnittlich oft erhielten Versicherte der Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) und der Betriebskrankenkassen (BKK) Antibiotika - warum, sei unklar.
Antibiotisch wirksame Stoffe wurden vor mehr als 100 Jahren entdeckt. Ihre Produktion läuft seit etwa 70 Jahren.