Asiatische Kampfkunst: Tai Chi stärkt Körper und Geist

Göttingen (dpa/tmn) - Die Hände langsam auf- und abgleiten lassen und sich wie ein Traumwandler bewegen: Wer Tai Chi betreibt, sucht psychischen und mentalen Ausgleich. Die asiatische Kampfkunst ist eine gute Kombination aus Wellness und gesundheitsbewusster Bewegung.

Häufig begegnet man ihnen morgens im Park oder der freien Natur: Menschen in Sportkleidung machen langsame, fließende Bewegungen und wirken dabei völlig versunken. Sie machen Tai-Chi- oder Qigong-Übungen. Tai Chi, auch Taijiquan oder Schattenboxen genannt, ist eine in China entstandene Kampfkunst. Dabei geht es laut der fernöstlichen Lehre wie bei Qijong darum, die Lebensenergie - das sogenannte Qi - zum Fließen zu bringen.

Dadurch soll sich eine erhöhte Wahrnehmung unter anderem des eigenen Körpers entwickeln, sagt Angela Menzel, Vorstandsmitglied im Deutschen Dachverband für Qigong und Taijiquan (DDQT) in Göttingen. Dies führe zu einem physischen und geistigen Ausgleich. In Deutschland gibt es zahlreiche Anbieter für Tai Chi - ob an spezialisierten Schulen, Volkshochschulen oder in Sportvereinen.

„Während es bei Tai Chi in der Regel um eine längere Choreographie mit vielen Bewegungsbildern hintereinander geht, gibt es bei Qijong einen kürzeren Ablauf der Übungen mit Wiederholungen“, sagt Menzel. Qijong sei wesentlich älter und lange vor Christi Geburt entstanden, und werde eher mit Gesundheitsübungen in Verbindung gebracht. Die Bewegungskunst Tai Chi gehe auf die Familie Chen aus dem 16. Jahrhundert nach Christus zurück. Die Übergänge zwischen beiden Methoden seien fließend.

Tai Chi ist aber nicht Tai Chi: „Unterschiedliche Stile und Formen haben sich in den Jahren entwickelt“, sagt Michael Matern vom Taijiquan und Qigong Netzwerk Deutschland. Die Schwerpunkte könnten sehr unterschiedlich eher auf Sport, Selbstverteidigung, Selbstfindung oder Gesundheitsübungen gelagert sein. Ein häufig vertretener Stil sei etwa der traditionelle Yang-Stil aus dem 20. Jahrhundert von Yang Cheng Fu, der bei aller Sanftheit sich stärker auf Selbstverteidigung konzentriere.

„Wolkenhände“ oder „Hände, die Wolken bewegen“: Die Namen der Bewegungsformen stammen aus dem Chinesischen und werden teils unterschiedlich übersetzt. Auch haben die verschiedenen Stile oder Schulen unterschiedliche Namen für ähnliche Bewegungen. Zum Tai Chi kann auch der Einsatz von Schwertern, Speeren, Stöcken oder Fächern gehören. Matern und Menzel raten jedoch Anfängern davon ab, gleich mit Waffen in die Kampfkunst einzusteigen.

Welcher Stil zu einem passe und ob Tai Chi einem guttue, könne man nur durch Erfahrungen in einem Kurs herausfinden. Dabei sei es ganz wichtig, dass ich mich wohlfühle, und weniger, um welchen Stil es sich handelt. Weil es bei den Übungen sehr viel um die innere Vorstellung von Bewegungsabläufen gehe, sei es möglich, Tai Chi und Qijong auch Menschen mit Bewegungseinschränkungen zugänglich zu machen. Interessierte sollten aber nach besonderen Angeboten fragen. Laut Matern dauert es Jahre, bis man richtig in die Bewegungsabläufe hineingefunden habe. Zum Kauf von Büchern oder DVDs rät er nur jenen, die schon einen Kurs besuchen - als Vertiefung ihrer Kenntnisse.

Tai Chi werden viele positive Wirkungen auf die Gesundheit zugeschrieben. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen dazu. In dem Fachjournal „British Journal of Sports Medicine“ erschien im Mai ein Übersichtsartikel zu dem Thema: Demnach kann das Ausüben der Kampfkunst bei älteren Menschen Stürzen vorbeugen, und es wird eine Verbesserung der psychischen Gesundheit beschrieben.

Studien zur Wirkung auf die Parkinson-Krankheit oder Diabetes hätten zu wenige Teilnehmer aufgewiesen, um verlässliche Aussagen machen zu können. Ergebnisse von Publikationen zur Auswirkung auf das Herzkreislaufsystem waren den Angaben zufolge widersprüchlich. Keinen Beweis fanden die Autoren für eine Wirksamkeit von Tai-Chi-Übungen zur symptomatischen Behandlung von rheumatoider Arthritis. Die Autoren werteten 35 Übersichtsstudien aus englischsprachigen, chinesischen und koreanischen Datenbanken aus. Sie schränken ein, dass sie womöglich nicht alle relevanten Artikel ausfindig gemacht haben.