Birkentrank und Schwein - Lettlands Küche ist deftig
Riga (dpa/tmn) - Wer auf der Suche nach fettarmer Rohkost ist, muss bei den typisch lettischen Gerichten länger suchen: Die Bewohner des kleinen Landes an der Ostsee mögen es gerne herzhaft. Wie gut, dass beim Herunterspülen Birkensaft und Kvass helfen.
Martins Ritins ist von ihnen überzeugt, genau wie der Rest des Landes: Die Letten lieben ihre Piragi. „Jedes Land hat seine eigenen Teigtaschen“, sagt er. „Aber unsere sind die besten.“ Geräucherter Speck und Zwiebeln werden für die Piragi in Hefeteig verpackt, dann landet die Teigtasche in Halbmond-Form in der Pfanne. Die lettische Teigtaschenversion sei ganz anders als zum Beispiel die polnischen, finnischen oder russischen Piroggen, findet der Fernsehkoch.
Ganz so sieht es Anne Iburg nicht: „Letztlich ist es eine Abwandlung.“ Iburg hat ein Kochbuch zu den drei baltischen Staaten geschrieben. Sie erklärt auch, warum die Letten auf ihre Piragi so stolz sind: Lange Zeit war das Land besetzt.
Nun suchten die Letten noch nach ihrer Nationalität und ihren Nationalgerichten, beschreibt Iburg. Dem typischen Essen im Land sieht man so auch Einflüsse anderer Länder an: „Unsere Küche ist sehr, sehr deutsch“, sagt Ritins. Das macht sich an manchen Zutaten bemerkbar: „Wir essen Schweinefleisch in jeder erdenklichen Art“, erklärt Ritins.
Graue Erbsen mit Speck - laut Ritins ist das ein typisch lettisches Gericht: Dafür werden zunächst die Erbsen aufgeweicht, dann in heißem Wasser gekocht, beschreibt das Lettland Institut. Speck - das in der Küche insgesamt eine große Rolle spielt - und Zwiebeln werden sautiert. Anschließend serviert der Koch die Erbsen in einer Schale und lässt die Gäste die Speckmischung selbst beimischen.
Neben Schweinefleisch - als Speck oder gerne auch als Blutwurst - ist Fisch in der lettischen Küche wichtig. Im Winter lässt sich damit ein beliebtes Hobby der Einheimischen verbinden: das Eisfischen. Wer erfolgreich Beute aus dem Eisloch gezogen hat, verarbeitet sie häufig zu einer Suppe: Die lettische Bouillabaisse sei sehr populär im Winter, erzählt Ritins.
Der Eintopf ist ein anderes Mahl, das oft in den lettischen Kochtöpfen dampft. Und gerne schmecken die Letten ihre Gerichte mit viel Sahne ab: „Vielleicht haben die Franzosen ihre Finger im Spiel bei unserer Liebe zu Sahne“, spielt Ritins im Scherz auf die vielen internationalen Einflüsse seiner heimischen Küche an.
Neben der Sahne sind Milchprodukte generell ein wichtiger Bestandteil in der lettischen Diät: „Für viele Letten ist der Tag ohne ein Glas Milch unvorstellbar“, heißt es beim Lettischen Institut. Hüttenkäse, Butter, Ruguspiens (Sauermilch) habe jeder Haushalt schon früher gegessen und diese Tradition setze sich noch heute fort.
Insgesamt sei die Küche immer noch sehr schwer, obwohl sich das in den letzten Jahren bereits ein wenig geändert habe, schildert Ritins. Auch Salate werden nun häufiger serviert - allerdings oft mit der unvermeidlichen Sahnesoße.
Gleichzeitig spielt der Wald eine wichtige Rolle für die Küche: „Wir essen viel, was aus dem Wald kommt“, sagt Ritins. Neben Wildschwein und Elch sind das auch Beeren: Im Sommer pflücken die Letten zum Beispiel Walderdbeeren, Heidelbeeren, Himbeeren und Brombeeren, im Herbst startet das Pilze sammeln. Das Debessmanna ist ein Moosbeeren-Dessert, das - wie kann es anders sein - in Milch serviert wird.
Iburg bezeichnet die lettische Küche deshalb auch als sehr naturverbunden. Ein weiteres Beispiel dafür sei der Aberglauben, dass die Birke besondere Kraft verleihe - weshalb die Letten sie in Form von Birkensaft trinken. Andere traditionelle Getränke sind Honigbier und Kvass - ein alkoholfreies Hefegetränk, das mit Roggenbrot zubereitet wird.
Apropos Roggenbrot: „Niemand macht Roggenbrot so wie wir“, ist Ritins überzeugt. Das Roggenbrot sei das beliebteste Brot im Land. Hinein komme neben Roggen nur Wasser, etwas Salz, Zucker und Kümmel.
Wer Glück hat, kann die vielen traditionellen Speisen bei den Einheimischen probieren. Die freuen sich über Besuch: „Der Tisch ist überladen“, beschreibt Iburg die große Gastfreundlichkeit. Wer sich mit den traditionellen Gerichten den Bauch vollschlägt, sollte das Kalorienzählen für einen Abend aber besser sein lassen.