Das Wetter dient oft als Sündenbock
Viele halten sich für wetterfühlig. Ein Forscher: Das stimmt nur bedingt.
Düsseldorf. Ein Pieksen im Finger, das Zipperlein im Fuß oder einfach schlechte Laune — wenn die Temperaturen schwanken, werden viele Menschen glauben, es zu spüren.
Laut einer Studie der Münchner Universitätsklinik und des Instituts für Demoskopie Allensbach von 2002 bezeichnen sich 54 Prozent aller Deutschen als wetterfühlig. Der Mediziner Jürgen Kleinschmidt hat jahrelang zu dem Thema geforscht. Sein Fazit: Weniger das Wetter, sondern eher die persönliche Verfassung beeinflusst das Wohlbefinden maßgeblich.
„Natürlich wirkt sich das Wetter aus — wenn es heiß ist, schwitzen wir“, sagt Kleinschmidt. Doch alles über die selbstverständlichen körperlichen Reaktionen hinaus sei kaum belegt. Kleinschmidt hält wenig von Biowetter, Mondphasen oder Stoffen in der Luft. Mit dem Biowetter sei es wie mit Horoskopen: „Sie nützen kaum etwas, aber sie schaden auch nicht.“
Die Universität München hat eine Studie über die Föhn-Fühligkeit von Menschen gemacht. Kleinschmidt half bei der Auswertung. In Frühjahr, Herbst und Winter mussten Wetterfühlige jeden Tag einen Fragebogen ausfüllen.
Das Ergebnis: „Es gab keine zwei Personen, die synchron am selben Tag sagten, es gehe ihnen schlechter als sonst“, sagt Kleinschmidt. Selbst ein und dieselbe Person reagiere je nach Tag unterschiedlich auf die gleiche Wettersituation. Wetterfühligkeit habe auch damit zu tun, wie gut ein Mensch trainiert sei. Menschen, die draußen arbeiten, hätten fast nie Probleme.
Kleinschmidt hat derweil noch eine Erklärung für die unterschiedliche Wetterfühligkeit: „Das Wetter ist ein fantastischer Sündenbock.“