Defizite im Infektionsschutz gefährden Babys
Greifswald (dpa) - Infektionskrankheiten wie Toxoplasmose und B-Streptokokken während der Schwangerschaft sind gefährlich für Babys. Doch ein Großteil der werdenden Mütter verzichtet laut einer Studie am Uni-Klinikum Greifswald auf die Vorsorgeuntersuchungen.
„Wir fordern, dass diese Untersuchungen in die Regelversorgung der Krankenkassen überführt werden und nicht mehr von den Schwangeren bezahlt werden müssen“, sagte der Leiter der Neonatologie (Neugeborenenheilkunde) und Pädiatrischen Intensivmedizin am Uni-Klinikum Greifswald, Matthias Heckmann.
Eine B-Streptokokken-Infektion bleibt den Angaben zufolge bei Schwangeren häufig unbemerkt und kann bei Neugeborenen beispielsweise schwerste Hirnhautentzündungen verursachen. Die von Katzen übertragene Toxoplasmose könne bei Babys zu einer geistigen Behinderung oder Sehstörungen führen - und damit zu enormen Folgekosten. Sogenannte IGeL-Untersuchungen (Individuelle Gesundheitsleistungen) werden von den Krankenkassen nicht finanziert.
Nach Ergebnissen der SNiP-Studie (Survey of Neonates in Pomerania), die auf einer internationalen Fachtagung in Greifswald diskutiert wurde, haben sich nur zehn Prozent von 5000 Schwangeren in der Studie auf B-Streptokokken - laut Heckmann der gefährlichsten bakteriellen Infektion für Babys - testen lassen. „Von den 500 getesteten Frauen waren 105 positiv“, sagte der Projektleiter. Die Gefahr einer Infektion des Kindes durch die Mutter könne um 80 Prozent gesenkt werden, wenn die Infektion im Vorfeld erkannt werde und die Mutter während der Geburt ein Antibiotikum erhalte.
„Wir behandeln gerade ein Kind, das wegen der B-Streptokokken mit einer Hirnhautentzündung auf die Welt kam und in den ersten vier Lebensmonaten bereits fünf neurochirurgische Eingriffe benötigt hat“, berichtete Heckmann. Ein flächendeckendes Screening - ähnlich wie in Hessen - sei sinnvoll.
Ähnlich auch das Ergebnis der Studie bei Toxoplasmose: Dort hatten laut Heckmann 57 Prozent der Frauen, die keine Immunität hatten, an der zweiten Untersuchung nicht teilgenommen, weil sie sie selbst bezahlen mussten. In der Studie wurden dann 17 Infektionen bei der Geburt gefunden.
Die Neugeborenenstudie SNiP wurde 2002 als bevölkerungsbezogene Erhebung gestartet. Bis Ende 2008 wurden mehr als 6800 Neugeborene aus Vorpommern mit ihren Gesundheitsdaten in die Studie aufgenommen. In einer zweiten Studie ab 2013 wurden bislang 1500 Kinder untersucht. Zudem wurden die werdenden Mütter zu Risikofaktoren, zum familiären Umfeld und Umwelteinflüssen befragt. Die Forscher konnten mit ihren Ergebnissen unter anderem andere Studien untermauern, denen zufolge Schwangere mit Abitur häufiger Alkohol trinken als Frauen mit niedrigeren Schulabschlüssen. Aus den Daten wollen sie Präventionsprogramme ableiten.
Die Greifswalder Forscher wollen auf der Tagung auch die Zusammenarbeit mit Kollegen aus den Niederlanden ausbauen, die in der Studie „Generation R“ tausende Kinder untersuchen - unter anderem auf epigenetische Faktoren. Dabei wird geschaut, wie sich durch Traumata oder andere schwerwiegende Erlebnisse das Erbgut der Kinder verändert.