Der Abschied vom Tattoo tut weh
Münster (dpa) - Neuer Job, neuer Partner oder einfach nur schlaffe Haut: Es gibt viele Gründe, warum Menschen ihre Tätowierung wieder loswerden wollen. Nach mehreren Jahren Tattoo-Boom sind nun Hautärzte gefragt.
Ein leises Sirren beherrscht den Raum. Mit freiem Oberkörper sitzt Viko auf einem Tätowiertisch in Münster. Fünf Nadeln stechen dem 24-Jährigen immer wieder in den Rücken. Ob ihm das Motiv auch in zehn Jahren gefällt, darüber macht sich der Arbeiter keine Sorgen. „Meine erste Tätowierung habe ich mir mit 18 Jahren stechen lassen. Jetzt habe ich sechs und irgendwann soll der ganze Körper tätowiert sein.“ Die Nadeln gehen über das Schulterblatt und formen allmählich den Schriftzug „Das Leben ist schön“.
Eine Tätowierung zu entfernen, ist teuer und langwierig. Nadine Peukert ist dafür Expertin. Viele, die anfänglich von ihrem Tattoo begeistert waren, landen irgendwann bei ihr. Peukert ist Ärztin bei Aestheso, einer Praxis für Lasermedizin in Münster. „Jede Woche kommen etwa drei Patienten zu uns, die ihr Tattoo entfernen lassen wollen.“ Als Gründe werden häufig misslungene Motive oder Schriftzüge mit falschen Buchstaben genannt. Neue Arbeitgeber sind ebenfalls ein Grund, warum sich Tätowierte die Motive entfernen lassen.
Die Farbpartikel werden mit Laserstrahlen gesprengt. „Was mit den Farbpartikeln anschließend passiert, ist noch nicht vollständig geklärt“, sagt Klaus Strömer, Vizepräsident des Berufsverbandes der Deutschen Dermatologen. Die Farben können problematische Stoffe enthalten - Cadmium in Rot etwa. Dieser Stoff kann nicht ohne weiteres abgebaut werden, wie der Arzt berichtet. „Außerdem sind die Schmerzen des Entfernens so hoch wie beim Stechen des Tattoos.“ Besonders für dunkelhäutige Menschen ist das Entfernen von Tattoos problematisch. Die Laserstrahlen greifen auch die körpereigenen Pigmente an und verfärben behandelte Stellen.
Der Preis des Entfernens übersteigt die Kosten des Tattoos um das Mehrfache. Eine Sitzung kostet 100 bis 400 Euro. Sechs bis zehn Sitzungen sind nötig, eine handtellergroße Tätowierung verschwinden zu lassen. Krankenkassen übernehmen die Kosten in der Regel nicht.
Während die heißen Nadeln weiter in Vikos Haut stechen, erklärt seine Tätowiererin Tanina: „Manchmal kommen junge Menschen blauäugig zu uns. Da hatte ich letztens einen Jungen, der sich tatsächlich ein Motiv vom Hals bis zur Rippe stechen lassen wollte. Seine Mutter war auch einverstanden. Das habe ich aber trotzdem nicht gemacht. Wir haben eine einfache Faustregel: Bevor wir so sichtbare Stellen wie Hals oder Hände tätowieren, müssen die Unterarme bereits voll sein.“
Der fertige Schriftzug über Vikos Rücken bildet die Überschrift zu einem Tattoo, das seinen ganzen Rücken umfasst. In der Mitte prangt ein großer Kassettenrekorder. Gelbe Blitze und weitere Ornamente ragen heraus. „Das Motiv hat mir gefallen, und dann habe ich es machen lassen“, erklärt er. An Entfernen hat Viko noch nicht gedacht. Auch nicht bei den chinesischen Zeichen auf seinem Unterarm, mit denen er sich nicht mehr so identifiziert wie am Anfang. „Irgendwie kann man da doch einen Sinn finden“, sagt er. Die Nadeln sirren weiter.