Die Achillessehne macht Sportlern oft Ärger
Muttenz (dpa/tmn) - Die Achillessehne ist besonders robust. Trotzdem bereitet sie vielen Freizeit- und Leistungssportlern Probleme. Bei einer Entzündung gibt es verschiedene Möglichkeiten der Behandlung.
Ist sie gerissen, bleibt meistens nur eine Operation.
Es trifft Läufer, Fußballer oder Tennisspieler: Verletzungen an der Achillessehne gehören zu den häufigsten und hartnäckigsten Beschwerden unter Breiten- und Leistungssportlern. Meistens handelt es sich um eine Achillodynie, also eine Reizung oder Entzündung. Manchmal kommt es jedoch schlimmer - die Sehne reißt und zwingt den Patienten zu einer langen Pause. Die gute Nachricht lautet aber: Auch nach einer solchen Ruptur können die meisten Menschen wieder normal Sport treiben.
„Eine Ruptur bedeutet nicht das Karriereende. Es ist nur wichtig, dass man die Sehne gut flickt“, erklärt der Sportmediziner Bernhard Segesser von der Rennbahnklinik in Muttenz in der Schweiz, der kürzlich den Handball-Nationalspieler Uwe Gensheimer erfolgreich operierte.
Die Achillessehne ist die stärkste Sehne des Menschen - aber auch die am stärksten belastete. Sie ist die gemeinsame Endsehne des dreiköpfigen Wadenmuskels, der sich aus dem zweiköpfigen Musculus gastrocnemius und dem Musculus soleus bildet. Laut Segesser klagen am häufigsten Laufsportler über Achillessehnenprobleme. Ihr Anteil unter den Patienten betrage 45 Prozent. Auch Ballsportler (36) und Sportler, die einen Schläger benutzen wie Tennis- oder Badmintonspieler (10), seien oft betroffen.
Wesentlich häufiger als Risse sind Entzündungen - besonders bei Läufern. Die Medizin unterscheidet zwei Arten. „Die eine ist eine kolbenförmige Auftreibung der Achillessehne, die man als Schwellung tasten kann. Bei der anderen geht es um Sehnenansatzbeschwerden, die durch einen hinteren Fersensporn verursacht sein können“, sagt der Orthopäde Ingo Tusk von der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP). Als Ursache solcher Beschwerden nennt er besonders eine zu schwache Fußmuskulatur. „Die wird heutzutage total vernachlässigt. Ich empfehle allen Patienten, etwas dagegen zu tun“, betont der Chefarzt der Klinik Rotes Kreuz in Frankfurt am Main.
Auch falsche Schuhe, eine zu hohe Belastung oder Sprünge mit unglücklicher Landung können zu Problemen führen. Außerdem rufen eine verkürzte Wadenmuskulatur, Übergewicht und eine Fehlstellung der Füße Beschwerden hervor. Letztere könne langfristig bewirken, dass das Fersenbein abkippt und in einer X-Stellung schräg an der Achillessehne ziehe, erläutert Tusk. Dem könne man mit Einlagen begegnen. Das gilt auch für die übermäßige Pronation, das heißt, wenn sich die Füße einwärts drehen und die Sehne falsch belasten.
Der typische Patient ist laut Tusk der mittelalte Jogger, der schon lange läuft, oder der Anfänger mit Übergewicht, der von null auf hundert startet. Dessen Probleme hätten oft auch mit einer schlechten Durchblutung der Achillessehne zu tun. „Wenn dieses Gewebe dann auch noch altert, wird es zäher. Bei entsprechender Belastung steigt dann das Risiko, dass die Sehne sich entzündet oder reißt.“
Behandelt werden kann eine Entzündung auf vielfältige Weise. „In leichteren Fällen hilft es, das Training zu reduzieren, langsamer zu laufen, sich vorsichtig warmzulaufen sowie auf glattem Untergrund zu trainieren“, empfiehlt der Laufexperte und Ex-Weltklasse-Leichtathlet Herbert Steffny. „Hier kann Asphalt sogar gut sein.“ Auch Fußwechselbäder, Eisbeutel nach dem Training oder Hochlagern des Fußes könnten helfen. „Bei stärkeren Beschwerden sollte man aber zu einem sporterfahrenen Orthopäden gehen.“
Tusk nennt Spritzen mit Hyaluronsäure als mögliche Therapie. Auch Dehnung und Kräftigung der Waden gelten meist als gut. Segesser empfiehlt Massagen, da sie die Diffusion der Nährstoffe zur Sehne anregten. Von einem raten Experten jedoch in der Regel ab: die Achillessehne ruhigzustellen. Dann verkürzt sie sich und verliert an Elastizität. Steffny legt daher den zwischenzeitlichen Umstieg auf Sportarten wie Radfahren nahe. „Man sollte die Sehne gebrauchen, aber nicht überlasten“, ergänzt Segesser. Klar ist: Man braucht Geduld.
Die Gefahr eines Risses steigt bis zum mittleren Alter an. Besonders anfällig sei der 40-jährige, nicht mehr ganz fitte Hobbyfußballer, „der an seine Heldentaten aus der Jugend anknüpfen will“, schildert Segesser. Das könne nicht nur Menschen passieren, deren Sehne nicht mehr in bestem Zustand ist, sondern jedem: Obwohl die Sehne völlig normal ist, reiße sie bei einem asymmetrischen Ausfallschritt oder Sprung - auch bei gut trainierten Sportlern.
In etwa 85 Prozent der Fälle folgt eine Operation, bei der die vorherige Belastbarkeit wieder hergestellt werden könne. „Bei einer frischen Ruptur sind die Heilungschancen sehr hoch“, verspricht Segesser. Bei älteren Verletzungen dauere es bis zur vollständigen Rehabilitation aber ein bis eineinhalb Jahre. Nur bei 15 Prozent der Rupturen werde „konservativ“ behandelt, also nicht operiert. Um Verletzungen grundsätzlich vorzubeugen, empfiehlt Tusk Freizeitsportlern eine ärztliche Voruntersuchung.