Die Zukunft könnte dem Flexitarier gehören

München (dpa) - Tofu und Gemüse statt Steak und Wurst: Die Zahl der Vegetarier in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren verdoppelt. Zwei Prozent der Deutschen verzichten nach Angaben des Bundesernährungsministeriums auf Fleisch, Wurst und Fisch.

Foto: dpa

Der Vegetarierbund Deutschland (Vebu) geht sogar von rund acht Millionen Vegetariern aus - fast zehn Prozent der Bevölkerung. Mit dem Trend zur vegetarischen Ernährung beschäftigte sich an diesem Wochenende auch die Messe „Veggie Expo“ (2. und 3. Mai) in München.

Für die Foodtrend-Forscherin Hanni Rützler vom Zukunftsinstitut in Wien zeigt die steigende Zahl an Vegetariern einen bewussteren Umgang mit Lebensmitteln. „Essen wird immer mehr zum Ausdruck der Persönlichkeit“, sagt Rützler. Fleisch habe den Nimbus des Edlen und Seltenen verloren. „Viele Menschen fragen sich: Kann ich Fleischberge noch unreflektiert in mich hineinschlingen?“ Das Verständnis von Genuss habe sich gewandelt, weg vom immer mehr, immer schneller, immer billiger. „Wenn das Huhn im Supermarkt fast nichts mehr kostet, will ich gar nicht wissen, mit was es gefüttert wurde“, sagt Rützler.

Es sind gerade die Bedingungen in der Massentierhaltung, die für viele Vegetarier die Hauptmotivation darstellen. „Ethisch-moralische Gründe stehen eindeutig an erster Stelle“, sagt Stephanie Stragies vom Vebu. Fleischskandale - wie Pferdefleisch in der Lasagne - haben bei vielen zum Umdenken geführt.

Restaurants, Hotels und Supermärkte reagieren auf diesen Trend. „Heute führt jeder Discounter vegane und vegetarische Lebensmittel“, sagt Stragies. Der Umsatz mit diesen Produkten hat sich dem Vebu zufolge in den vergangenen Jahren verdreifacht. Vegetarische und vegane Restaurants gehören vielerorts zum Stadtbild, allein in München sind es nach Vebu-Angaben zehn.

Neben dem Tierschutz spielen immer häufiger auch gesundheitliche Aspekte für den Verzicht auf Fleisch und Wurst eine Rolle. „Gesundheit ist ein Megatrend“, sagt Trendforscherin Rützler. Nicole Erickson, Ernährungswissenschaftlerin am Münchner Klinikum rechts der Isar, sagt: „Eine gut geplante vegetarische Ernährung kann das Risiko für typische Zivilisationskrankheiten senken.“ Das gelte etwa für Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes oder Krebs.

Probleme mit Nährstoffmangel sieht Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bei einer ausgewogenen vegetarischen Ernährung nicht. Veganer, die auf alle tierischen Produkte verzichten, müssten dagegen aufpassen. „Da braucht man ein umfangreiches Ernährungswissen, um seine Kost so zusammenzustellen, dass sie nicht zu Mangelerscheinungen führt.“ Für Säuglinge, Kleinkinder und Schwangere rät die DGE von veganer Ernährung ab.

Trendforscherin Rützler sieht die Zukunft im Flexitarier. „Der isst auch Fleisch, aber will das mit gutem Gewissen tun.“ Er achte mehr auf die Qualität und Herkunft des Fleisches. Rützler ist überzeugt: „Wir müssen den Tieren, wenn wir sie schon töten, mehr Wertschätzung entgegenbringen.“